Wegweiser im Berater-Dschungel

Angesichts komplexer werdender Aufgaben wächst auch im Handel der Bedarf an externer Consultingleistung. Ein Berliner Start-up bietet mit einer Freelancer-Plattform Orientierungshilfe.

Von Martin Jahrfeld 16.03.2016

© Comatch

„Bei der Auftragsvergabe an freiberufliche Unternehmensberater wird oft viel dem Zufall überlassen. Der Arbeitsmarkt der selbstständigen Berater ist sehr unübersichtlich“, sagen Christoph Hardt (l.) und Jan Schächtele, Gründer des Start-ups Comatch.

Händler, die nach externer Beratung bei einem betrieblichen Problem Ausschau halten, stehen in der Regel vor einer kniffligen Aufgabe: Der Markt der Unternehmensberater, Finanzexperten, Verkaufstrainer oder IT-Optimierer ist bunt und vielschichtig und deshalb für Nicht-Insider alles andere als leicht zu überblicken. Wer ist ein echter Könner, wer nur zweitklassiger Me-too-Berater? Entscheider in größeren Unternehmen, die nach der richtigen Beratungsexpertise für eine bestimmte Aufgabe Ausschau halten, verlassen sich im Zweifelsfall auf etablierte Branchennamen wie McKinsey, PwC oder BCG. Mittelständische Händler mit geringerem Budget orientieren sich häufig an persönlichen Empfehlungen aus dem eigenen beruflichen oder privaten Umfeld. Den besten Experten für eine bestimmte unternehmensinterne Optimierungsaufgabe hat man auf diese Weise jedoch noch längst nicht gefunden.

„Bei der Auftragsvergabe an freiberufliche Unternehmensberater wird oft viel dem Zufall überlassen. Der Arbeitsmarkt der selbstständigen Berater ist sehr unübersichtlich“, analysiert Christoph Hardt. Der promovierte Betriebswirt muss es wissen. Hardt und sein Gründungspartner Jan Schächtele arbeiteten sieben Jahre für die Unternehmensberatung McKinsey, bevor sie im Jahr 2014 in Berlin mit der Gründung von Comatch den Sprung in die Selbstständigkeit wagten. Die Vermittlungsplattform will für mehr Transparenz im Beratungsgeschäft sorgen. Basis des Geschäftsmodells ist ein digitaler Marktplatz, der Berater und Unternehmen passgenau zusammenbringen will.

Intensive Auswahlgespräche

In der Datenbank von Comatch befinden sich mittlerweile mehr als 600, zumeist freiberuflich arbeitende Managementberater, Industrie- und Finanzexperten, die Problemlösungskompetenz in unterschiedlichsten Managementfragen anbieten. Vor Aufnahme in die Datenbank prüfen Hardt und seine Mitarbeiter zunächst die Kompetenz der Bewerber: Während Managementberater über entsprechende Studienabschlüsse verfügen und mindestens zwei Jahre bei einer renommierten Beratungsfirma, wie etwa Capgemini oder Roland Berger, gearbeitet haben müssen, wird von den Industrieexperten mindestens zehn Jahre Erfahrung in der jeweiligen Branche erwartet. Vorbild der Unternehmensgründer ist der Design- und IT-Bereich, wo vergleichbare Vermittlungsmodelle schon seit Längerem funktionieren.

Trotz aller Digitalisierung sei Unternehmensberatung nach wie vor ein Geschäft, das von persönlichen Beziehungen lebe, glaubt Hardt. „Mit allen bei Comatch zugelassenen Beratern haben wir intensive persönliche Gespräche geführt, um für die Projekte unserer Kunden nur herausragende Experten anbieten zu können“, betont der Gründer.

Moderate Honorare

In der Regel schlägt Comatch bei einer Projektanfrage zwei bis drei passend erscheinende Berater vor, die ihre jeweiligen Honorarvorstellungen selbst kalkulieren können. Das anfragende Unternehmen kann mit den Kandidaten Kontakt aufnehmen und auf dieser Basis entscheiden, wer den Zuschlag für das Projekt bekommen soll. Weil die Berater innerhalb dieser Situation im Wettbewerb stehen, sind sie motiviert, keine überzogenen Honorarforderungen aufzurufen.

Hardt sieht sich mit dieser Strategie als Preisbrecher: „Durch unser Vermittlungsmodell zahlen unsere Kunden deutlich weniger Honorar als bei einer herkömmlichen Top-Strategieberatung“, argumentiert der Start-up-Chef, der für diese Leistung den Unternehmen 15 Prozent Provision auf das Beraterhonorar in Rechnung stellt.

Die bisherige Resonanz im Markt scheint das Geschäftsmodell zu bestätigen. Zu den Kunden von Comatch gehören inzwischen nicht nur vier DAX-Unternehmen, sondern auch renommierte Handelsmarken wie Peek & Cloppenburg oder Zalando. Für einen weiteren großen Einzelhändler wurde ein Berater für die Entwicklung einer App-Strategie vermittelt. Dirk Schuran, Director Client Accounts bei Comatch, sieht auch im mittelständischen Einzelhandel einen wachsenden Bedarf an Beratungsleistungen für strategische Themenstellungen. Häufig würden solche Aufgaben gern aufgeschoben. „Gleichgültig, ob es um neue Storekonzepte oder die Optimierung von Onlineshops geht – viele anstehende Aufgaben bleiben lange unerledigt liegen, weil die Akquise eines Experten als zu aufwendig und kompliziert erscheint. Das wollen wir ändern.“

Schlagworte: Start-up, Berater, Beratungsqualität, Unternehmensberatung, Consulting

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