Customer Journey

Erfolgsbausteine kombinieren

Zwar werden Roboter und künstliche Intelligenz den Menschen im Handel nicht ersetzen, aber trotzdem die Customer Journey massiv verändern. Eine Übersicht der wichtigsten technologischen Trends.

Von Alexander Hahn, Vice President POS Retail Solutions, Sales Consumer Goods, Wirecard AG 15.10.2019

© Getty Images/Luxx Images

Kunden wünschen sich heute ein Multichannelerlebnis.

Geht es um Vorhersagen zur Zukunft des Einzelhandels, werden immer wieder Mythen und Theorien bedient, die sich in der Praxis längst als falsch herausgestellt haben. Eine dieser Prophezeiungen ist, dass Maschinen den Menschen im Geschäft ersetzen werden. Demnach würden nur noch seelenlose Roboter und Algorithmen den Kunden auf seiner Shoppingreise begleiten. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Verbraucher schätzen die menschliche Interaktion heute mehr denn je – und eben diese Stärke sollte der stationäre Einzelhandel ausspielen.

Die Zahlen beweisen es: Laut einer aktuellen Studie von POSpulse bevorzugen 88 Prozent der Befragten beim Einkaufen in der Zukunft einen echten Menschen gegenüber einem allwissenden Roboter. Ein weiteres interessantes Ergebnis: Nur wenn das Erlebnis im Geschäft sehr negativ ist, etwa weil mit langen Warteschlangen an der Kasse oder vor den Umkleidekabinen zu rechnen ist, würden die Besucher eines Geschäfts dem digitalen Assistenten gegenüber einer Person aus Fleisch und Blut den Vorzug geben. Auch die persönliche Beratung durch einen Menschen steht in der Gunst der Einkaufenden weiterhin weit oben.

Die Frage, die der Handel beantworten muss, ist also nicht, wie er Menschen ersetzen kann, sondern vielmehr, wie er seine Verkäufer für eine hervorragende Kundenberatung optimal qualifiziert. Ein gelungenes Kundenerlebnis verbindet die Vorteile der menschlichen Interaktion mit dem Komfort, den moderne Technik zum Einkauf beitragen kann. Konkret ermöglichen etwa neue Entwicklungen rund um Biometrie, künstliche Intelligenz (KI), Augmented und Virtual Reality dem stationären Handel neue attraktive Angebote. Dies führt zu einer weiteren wichtigen Entwicklung: der Kombination verschiedener Kanäle im Rahmen einer Multichannel-Strategie. So integrieren bereits heute viele Einzelhändler ihre Prozesse über eine einzige Plattform, die ein nahtloses, konsistentes Einkaufserlebnis ermöglicht und Kunden bindet und anzieht.

Kanäle verknüpfen

Wie der Wirecard Holiday Shopping Report zeigt, ist Omnichannel heute absolut obligatorisch. Kunden wünschen sich ein Multichannel-Erlebnis – also die Möglichkeit, durch die perfekte Vernetzung der verschiedenen Kanäle mit der gleichen „Benutzerfreundlichkeit“ und dem gleichen Komfort im Geschäft wie online einkaufen zu können. Immerhin sind sich viele Einzelhändler dieser Entwicklung bewusst, und immer mehr von ihnen setzen im Rahmen einer Digitalisierungsstrategie auf schrittweise Implementierungen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und auch langfristig erfolgreich zu sein. Der stärkste Beweis dafür, dass die Zukunft dem Multichannel gehört, ist die Tatsache, dass selbst E-Commerce-Giganten wie Amazon und Zalando „offline gehen“, um ihre Kunden mit stationären Läden anzusprechen.

Die In-Store-Bemühungen von Amazon zeigen, dass Einzelhändler zunehmend moderne Technologien wie biometrische Zahlungen – das Bezahlen per Fingerabdruck oder über Gesichtserkennung – und KI integrieren, um die immer anspruchsvolleren Erwartungen der Kunden hinsichtlich mehr Komfort und Personalisierung zu erfüllen. Schließlich sind Technologien wie KI bereits Teil des Alltags vieler Kunden, etwa wenn sie per Sprach-​erkennung mit ihrem Smartphone interagieren, sich per Spracheingabe zu einer Adresse lotsen lassen oder über einen Chat-Bot Informationen zu einem Produkt erhalten.

Kundenerwartungen erfüllen

Ein weiterer großer Trend sind flexiblere Bezahlmöglichkeiten. Gerade in Deutschland gibt es noch immer sehr viele Einzelhändler, bei denen die Zahlung per Kredit- oder Debitkarten nicht möglich ist. Häufig glauben diese Unternehmer, dass die Gebühren für entsprechende Transaktionen ihren Gewinn zu stark schmälern würden. Auch dabei handelt es sich um Mythen. Zum einen sinken die Transaktionsgebühren seit Jahren und unterschreiten teilweise sogar die Kosten, die rund um Barzahlungen anfallen. Zum anderen geht Händlern Umsatz verloren, wenn sie kontaktlose oder digitale Zahlungen nicht akzeptieren. Kunden, die nicht mit ihren bevorzugten Methoden bezahlen können, werden einfach andere Geschäfte aufsuchen.

In Zeiten, in denen mobiles Bezahlen dank Google Pay und Apple Pay immer häufiger und selbstverständlicher wird, schrecken Unternehmen viele potenzielle Kunden ab, die nicht bereit sind, vor dem Einkauf an einen Geldautomaten gehen zu müssen. Von interessanten Zielgruppen, wie chinesischen Kunden, die auf Reisen gerne viel einkaufen, aber mit Alipay und WeChat Pay bezahlen wollen, einmal ganz abgesehen. Durch die Akzeptanz bargeldloser Zahlungsmethoden – ob mit einer physischen Karte, einem Smartphone oder einem tragbaren Gerät wie einer Smartwatch – bieten Händler ihren Kunden und sich selbst eine hohe Effizienz im Zahlungsprozess und erhöhen ihre Produktivität.

Mehrwerttechnologien implementieren

Die Einführung moderner Technologien allein um ihrer selbst willen ist zwar nicht das, was Einzelhändler anstreben sollten. Es hat sich jedoch in der Praxis immer wieder gezeigt, dass Technologien, die einen echten Mehrwert entlang der Customer Journey darstellen, auf lange Sicht zu einem Teil des Einkaufsprozesses werden. In unserem internationalen Report wurden insbesondere die Technologien KI und Biometrie genannt. Damit verbundene Features nutzen Verbraucher sehr häufig und gern – und erwarten, dass Händler sie ihnen anbieten.

Alexander Hahn kam 2015 zu Wirecard. Er ist dort zuständig für die globale PoS-Einzelhandels­strategie und verantwortet die Retail-Vertriebsstrategie für die Regionen CEE, APAC, Russland und Nordamerika. Zudem hat er die Verantwortung für das Neugeschäft bei Wirecard global übernommen. Dank früherer Führungspositionen in Unternehmen wie Siemens, Telecash/First Data oder der Deutschen Telekom verfügt Hahn über umfassende Vertriebskompetenz, umfang­reiche Kenntnisse des globalen Markts und mehr als 15 Jahre Erfahrung in der internationalen Paymentbranche.

Schlagworte: Customer Journey, KI, Roboter im Handel

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