Das Landgericht München I hat den Vorwurf der Schleichwerbung gegen die Influencerin Cathy Hummels, Ehefrau des Fußballprofis Mats Hummels, abgewiesen (Az. 4 HK O 14312/18). Hummels hat aktuell 485.000 Follower (Abonnenten) auf Instagram und veröffentlicht regelmäßig Bilder von sich selbst, oft mit kurzen Begleittexten. Darin beschäftigt sie sich mit Mode, ihrem Leben als Mutter eines Kleinkinds, Yoga, Reisen und anderen Themen. Ihre Posts sind teilweise mit Hinweisen auf die Hersteller der von ihr getragenen Kleidung oder sonstiger im Bild zu sehender Gegenstände versehen. Diese Gegenstände sind teilweise „getagt“ und führen zum Onlineshop des Unternehmens.
Die Kammer hatte bei ihrer Entscheidung davon auszugehen, dass die Beklagte keine Gegenleistung für die Posts erhalten hat. Eine Gegenleistung hat der Kläger nicht bewiesen. Kennzeichnungspflichten, die sich im Falle einer Zahlung durch die Unternehmen ergeben können, bestanden daher nicht. Zwar handelte die Beklagte gewerblich, weil sie durch die Posts die verlinkten Unternehmen und ihr eigenes Unternehmen förderte. Das aber lässt der Instagram-Account der Beklagten nach Auffassung der Kammer für die angesprochenen Verkehrskreise erkennen. Die Kammer unterstrich, dass die Erkennbarkeit des gewerblichen Handelns in jedem Einzelfall geprüft werden muss, die Entscheidung daher nicht generell mit Blick auf andere Blogger oder Influencer verallgemeinert werden darf.
Was Unternehmen bei der Kooperation mit Influencern grundsätzlich beachten müssen, erläutern Sabrina Dücker und Nele Todsen, Expertinnen für Gewerblichen Rechtsschutz bei der Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells in Hamburg.
Warum ist die Sache so verworren?
Die Frage der Kennzeichnungspflicht ist noch nicht höchstrichterlich geklärt und daher Anlass zahlreicher juristischer Auseinandersetzungen. Auch und leider gerade die Rechtsprechung selbst hat zu der misslichen Lage beigetragen. So führte ein Urteil des Landgerichts Berlin (Az.: 52 O 101/18) aus Mai 2018 dazu, dass Influencer faktisch jeden Beitrag als Werbung kennzeichneten. Hier hatte das zweitinstanzliche Urteil des Kammergerichts Berlin aus Januar 2019 (Az.: 5 U 83/18) zunächst für etwas Klarheit gesorgt: Danach sind selbst Beiträge, die Links zu Internetauftritten von Produktanbietern enthalten, nicht generell kennzeichnungspflichtig. Und zwar dann nicht, wenn sie auf selbstgekaufte Produkte hinweisen und ausschließlich einen redaktionellen, also keinen werbenden Inhalt haben. Das Gericht hatte dabei auch die besonderen Umstände sozialer Netzwerke im Blick: Besucher eines bestimmten Accounts erwarten einen Link zum jeweiligen Produkt bzw. der jeweiligen Dienstleistung und nicht bloß Informationen, die eine eigenständige Recherche erfordern.
Das aktuelle Urteil des Landgerichts Karlsruhe in Sachen Pamela Reif (Az.: 13 O 38/18) wiederum kommt zu einer anderen Einschätzung: Unentgeltliche Posts stünden in einem "unauflösbaren Kontext mit bezahlten Werbebeiträgen" und seien daher kennzeichnungsbedürftig. Ein Influencer fördere durch seine Posts auch das eigene Unternehmen, sei doch jeder (gerade auch private) Post darauf ausgelegt, die Zahl der Follower und damit den eigenen Markt- bzw. Werbewert zu steigern. Dies gilt in Abweichung von der Rechtsprechung des Kammergerichts jedenfalls dann, wenn der Post sogenannte "Tap Tags" bzw. Verlinkungen auf Unternehmen enthält. Obwohl die vorgenannte Argumentation des Landgerichts Karlsruhe konsequent zu Ende gedacht eigentlich bedeuten müsste, dass Influencer auch rein private Posts (wichtig zum Erhalt ihrer Authentizität) als Werbung kennzeichnen müssten, da sie damit ihr eigenes Unternehmen fördern, erklärt das Gericht am Ende seines Urteils, dass es Influencern unbenommen sei, Texte mit Fotos zu kombinieren, solange sie nicht – inhaltlich zusammenhanglos – eine Verlinkung auf Herstellerseiten einbetteten. Wie die Influencer-Szene auf dieses Urteil reagieren wird, bleibt abzuwarten.
Was sagt das Kammergericht in Sachen Vreni Frost zur Kennzeichnung?
Das Kammergericht hat da eine klare Meinung: Es dient demnach nicht den Verbraucherinteressen, wenn jeder Beitrag mit oder als Werbung gekennzeichnet wird. Diese Praxis führe vielmehr dazu, dass solche Hinweise gar nicht mehr ernst genommen würden. Das Ziel der Kennzeichnungspflicht, den Verbraucher vor unüberlegten geschäftlichen Entscheidungen zu schützen, ließe sich dann nur schwerlich umsetzen.
In all der Unklarheit – worauf müssen Unternehmen achten, die bei ihrem Marketing auf Influencer und Internet-Promis setzen?
Zunächst sollten beide Seiten ihre Vorstellungen vertraglich und damit rechtsverbindlich festhalten. Dabei sollten konkrete Pflichten der Vertragspartner genauso geklärt werden wie die Vergütung und Fragen der Haftung (siehe dazu jeweils in der Checkliste).
Was gilt es bei der Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen zu beachten?
Die Kennzeichnung von Bildern, Videos und anderen Beiträgen sollte klar und eindeutig geregelt werden. Aufgepasst werden muss dabei zudem darauf, ob neben deutschsprachigen Adressaten auch in nicht unerheblicher Zahl fremdsprachige Kundschaft angesprochen wird. Dann sollte man zur zweisprachigen Kennzeichnung greifen. Vermieden werden müssen unbedingt Hinweise in "Hashtag-Wolken" (kaum zu erkennen), am Ende von Posts (leicht zu übersehen) oder in abgekürzter Form wie "#ad" oder "#spon" (un- bzw. missverständlich).
Hilft dem Unternehmen ein allgemeines Regelwerk über das jeweilige Engagement eines Influencers hinaus?
Ja, empfehlenswert ist für Unternehmen auch die Erstellung einer Social-Media-Policy, also firmeninterner Leitlinien – gerade auch für die eigene Marketingabteilung eines Unternehmens als Grundlage für Verhandlungen mit dem Influencer. Diese sollte den jeweiligen Markenkern herausarbeiten, klare Darstellungsvorgaben beinhalten und so vor allem einen einheitlichen Marken- und damit Marktauftritt sichern. Zudem können hier auch bereits Fragen des Influencer-Marketings, etwa, welche Kennzeichnungen zu verwenden sind und welchen Einfluss das Unternehmen auf den Inhalt der Posts nehmen kann, selbstverständlich mit fachlicher Hilfe, geregelt werden.
Checkliste Influencer-Werbung
Die Liste von Hogan Lovells versteht sich als eine Art Leitfaden und (nicht abschließende) Zusammenstellung derjenigen Punkte, die im Rahmen einer Kooperation zwischen Unternehmen und Influencern stets Beachtung finden sollten:
1. Gegenstand der Vereinbarung
Hier sollte kurz das Ziel der Kooperation beschrieben werden, womit auch eine ganz grobe Beschreibung der Tätigkeit einhergehen kann (Bsp.: "Darstellung des Unternehmens XY auf den Social-Media-Kanälen des Influencers zum Zwecke der Darstellung von XY-Produkten").
2. Vertragsbeginn und Vertragsbeendigung
Möglicherweise ist ein zunächst befristetes Vertragsverhältnis für beide Seiten von Vorteil, wobei auch eine "Testphase" vereinbart werden kann.
3. Durchführung der Tätigkeit
Unter diesem Punkt sollte nun so genau wie möglich und so kurz wie nötig die Tätigkeit, sprich die Leistungspflicht des Influencers beschrieben werden.
4. Vergütung der Tätigkeit
Sind genaue Angaben (noch) nicht möglich, sollten jedenfalls die finanziellen "Größenordnungen" oder der Berechnungsmaßstab deutlich werden.
5. Überlassung und Verwendung von Produkten
Festgehalten werden sollte zudem, in welcher Weise gegebenenfalls überlassene Produkte verwendet und vor allem wie sie möglicherweise nicht verwendet werden sollen.
6. Kennzeichnung der Beiträge
Eine eindeutige, auf den ersten Blick erkennbare und für die Adressaten auch verständliche Kennzeichnung ist zwingend erforderlich (siehe oben).
7. Loyalitäts-, Informations- und Verschwiegenheitspflichten
Dieser Punkt stellt vor allem eine Ergänzung zu den Vereinbarungen bzgl. der Überlassung und Verwendung von Produkten dar. Geregelt werden sollte insbesondere, ob und wie die Produkte des betreffenden Unternehmens mit denen anderer Unternehmen verglichen werden dürfen, inwieweit eine parallele Tätigkeit des oder der Influencer/-in auch für solche andere Unternehmen möglich ist und wie mit Unternehmensinterna und Insiderinformationen umzugehen ist.
8. Rückgabe von gegebenenfalls überlassenen Produkten und Unterlagen
Der Verbleib der Produkte nach deren Verwendung durch den Influencer sollte geklärt werden.
9. Nutzungsrechte und Datenschutz
Hier sollte geklärt werden, wer für die stete Beachtung urheber- und datenschutzrechtlicher Bestimmungen Verantwortung trägt (was – schon aus praktischen Erwägungen heraus – in der Regel der Influencer sein sollte), und wer wem für welchen Zeitraum möglicherweise Nutzungsrechte an den Ergebnissen der Kooperation einräumt.
10. Haftung
Wie werden die Risiken im Falle der Beschädigung möglicherweise kostspieliger überlassener Produkte verteilt? Welche Sanktionen werden an sonstige Vertragsverstöße geknüpft? Wer haftet wie bei Verletzung von Rechten Dritter (z.B. Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte etc.)?
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