Am besten vor Ort

Zukunftsweisende Einzelhandels­konzepte gedeihen auch in kleinen Städten. Denn dort können sich gerade die inhabergeführten Geschäfte nur mit neuen Ideen behaupten. Dass sie den Metro­polen dabei in nichts nachstehen, belegen die diesjährigen Gewinner des Awards Stores of the Year.

Von Cornelia Dörries 14.03.2019

 

Der stationäre Handel steht unter Druck. Doch die frisch gekürten Preisträger des HDE-Awards „Stores of The Year“ belegen auf eindrückliche Weise, dass von Angststarre keine Rede sein kann. Ganz im Gegenteil. Die preisgekrönten Läden eint eine von Mut und Selbstvertrauen befeuerte Investitionsfreude, die sowohl Brancheninsider als auch Kunden staunen lässt. Wer sich wie das Sport- und Modehaus L&T in Osnabrück einen fünfgeschossigen Neubau mit integriertem Surfbecken errichten lässt, setzt auf die stationäre Karte. Von der Anziehungskraft solcher Projekte profitieren am Ende alle: Kunden, benachbarte Händler, die Region. Denn das Wohl und Wehe gerade in ländlichen Gegenden und kleinen Städten hängt nicht zuletzt an beherztem Händlergeist. Das geschärfte Bewusstsein für den eigenen Standort zeigt sich auch bei den rundum erneuerten Geschäften von Schuhhändler Zumnorde in Münster oder Brillen Müller in Wittlich, aber auch beim Baumarkt Horst in Hamburg. Den Wechsel vom rustikalen Marktcharme hin zum Prinzip Überwältigung vollzieht derzeit der großstädtische Lebensmitteleinzelhandel. Ob Rewe in den Zeisehallen Hamburg oder der Genusstempel von Edeka in Düsseldorf – der Lebensmitteleinkauf wird zum urbanen Shopping-Hochamt.


 

CONCEPT STORE

Brillen Müller, Wittlich

Eigentlich logisch: Weil Augen und Ohren als Sinnesorgane gewissermaßen zusammengehören, sollte im Zuge des Ladenumbaus für einen alteingesessenen Augenoptiker in der Eifelgemeinde Wittlich eine Akustikabteilung integriert werden. Die Gestaltung vereint beide Kompetenzbereiche und weist ihnen über unterschiedliche Farbcodierungen – Magenta für die Optik, Türkis für die Akustik – jeweils eigene Zonen zu. Ein Geschäft für alle Sinne.


FASHION

Zumnorde, Münster

Das 1887 gegründete Schuhhaus Zumnorde gehört mit 27 Filialen und einem gut gehenden Onlineshop zu den erfolgreichsten Fachhändlern Deutschlands. Dass Zumnorde auch weiterhin auf die Anziehungskraft des stationären Handels setzt, beweist der aufwendige Umbau des Stammhauses in Münster. Für das interaktive Einkaufserlebnis auf drei Etagen wurde ein architektonischer Rahmen entwickelt, der auf klassische Qualitäten und Atmosphäre setzt.


 

FOOD

Rewe Surdanovic, Hamburg

In den gründerzeitlichen Zeisehallen in Hamburg wurden früher Schiffsschrauben gefertigt. Doch das ist lange her. Dennoch lässt sich die Größe und Erhabenheit des Industriezeitalters auch heute noch erleben: beim Lebensmitteleinkauf. Rewe hat das Baudenkmal zu einem Supermarkt umgebaut und die Hinterlassenschaften der Fabrik geschickt integriert. Alte Strukturen aus Schwarzstahl verbinden sich mit den modernen Einbauten zu einer einzigartigen Atmosphäre. Einkaufen kann so schön sein.


 

 

 

OUT OF LINE

L&T Lengermann + Trieschmann, Osnabrück

Die Beach Boys aus Norddeutschland können ab sofort auf den Winter pfeifen. Denn das Mode- und Sporthaus L&T hat die Errichtung seines neuen Stammsitzes genutzt, um der Welt zu zeigen, was ein Einkaufserlebnis ist. Mit der „Hase-Welle“ im Untergeschoss verfügt der fünfgeschossige Neubau über ein Inhouse-Surfbecken. Irre. Für wasserscheue Kunden gibt es den hauseigenen Fitnessclub. Und einkaufen kann man bei L&T natürlich auch. Auf allen Kanälen.


 

 

 

HOME/LIVING

Horst Baumarkt, Hamburg

In Großstädten leben viele junge, mobile Menschen, die ständig umziehen und renovieren. Dieser Zielgruppe kommt nun ein neues Baumarktkonzept entgegen, das gezielt auf die Nachfrage nach DIY-Produkten mit Verschönerungsfaktor reagiert. Übersichtlich, serviceorientiert und inspirierend: Eingefleischte Heimwerker werden bei Horst ebenso fündig wie die Abonnentin von Schöner Wohnen mit Vorliebe für Dekoratives.


 

SONDERPREIS

Zurheide Center im Crown, Düsseldorf

12 000 Quadratmeter, gut 30 Sorten Champagner, Grillstationen und eine hauseigene Schokoladenmanufaktur – klingt nicht nach Supermarkt. Ist aber einer. Und zwar in Düsseldorf. Am Standort eines aufgegebenen Kaufhauses hat Edeka Zurheide einen Genusstempel der neuen Art eröffnet. Auf den Verkaufsebenen verschmelzen digitale Services und stationäre Angebote zu einem Shopping-Hybrid; der Lebensmitteleinkauf funktioniert in diesem Markt nach dem Prinzip Überwältigung. An der Fischtheke hört der Kunde das Meer, und es riecht sogar nach mediterranen Kräutern. Aber keine Sorge, fettarme Milch gibt es auch.

Schlagworte: Store of the Year

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