Beim World Retail Congress in Rom spendeten die Delegierten Paul Polman, einem Veteranen der Branche und ehemaligem CEO von Unilever, Standing Ovations für seinen eindringlichen Appell, entschlossen gegen den Klimanotstand vorzugehen. Das war genau ein Jahr vor dem diesjährigen Kongress, der Ende April in Barcelona stattfand. Dort erhielten eine 19-Jährige und eine Neunjährige noch leidenschaftlichere und herzlichere Ovationen vom Publikum: Amy Meek, die 19-jährige Mitbegründerin der internationalen Aktivistengruppe Kids Against Plastic, und eine ihrer in Spanien lebenden Unterstützerinnen, die neunjährige Ali Waters, hätten ihre Generation nicht eloquenter und kraftvoller vertreten können.
Hier waren zwei junge Menschen, die den Menschen im Publikum unverblümt sagten, dass die Entscheidungen, die sie bereits getroffen haben oder noch treffen werden direkte Auswirkungen auf ihr künftiges Leben haben. Und das Publikum wurde gewarnt, dass diese jungen Verbraucher Ansichten haben und Macht besitzen. Wie Amy vortrug, wird die wirtschaftliche Kaufkraft der Generation Z auf 600 Milliarden US-Dollar oder 40 Prozent der gesamten weltweiten Verbraucherausgaben geschätzt. Noch wichtiger ist, dass sie sagte: „Wir akzeptieren nicht länger, dass die Menschen, von denen wir kaufen, niedrigen ethischen und wenig nachhaltigen Standards folgen.“
Radikale Änderung des Geschäftsmodells
Es war eine der kraftvollsten Botschaften des diesjährigen Kongresses. Während viel über Ziele, Fristen und Vorgaben debattiert wird, wenn es darum geht, dass Unternehmen ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, werden die Auswirkungen auf Menschen, insbesondere der zukünftigen Generationen, selten erwähnt. Häufiger sorgen sich Einzelhändler um die Bedrohung durch staatliche Gesetze oder den Druck aktivistischer Investoren. Aber Amy und Ali präsentierten ein weitaus menschlicheres Argument dafür, warum Einzelhändler drastische Maßnahmen ergreifen müssen.
Zu ihrer Verteidigung haben auf dem Kongress viele Unternehmen verdeutlicht, dass die Führungskräfte der Branche die Notwendigkeit von Veränderungen akzeptieren. Wir sind vom „Warum“, das Unternehmen brauchen, um Veränderungsbereitschaft zu entwickeln, dazu übergegangen, „wie“ die gesteckten Ziele zu erreichen sind. Dies bleibt das größte Problem. Denn Netto-Null-Ziele in den Mittelpunkt eines Einzelhandelsgeschäfts zu stellen, bedeutet in Wahrheit eine radikale Änderung des Geschäftsmodells. Das gilt insbesondere für die Fashionbranche.
Auf dem Kongress waren einige der größten Akteure der Modebranche wie Shein, Primark und Mango vertreten. Bei diesen globalen Händlern fiel auf, dass sie sich entschlossen gaben, radikale Innovation und modernste Technologie einzusetzen, um die Dinge zu verändern. Das technologiegetriebene Modell von Shein reduziert Überproduktion und Abfall. Primark und Mango setzen sich Stretching-Ziele, um die Art und Weise, wie Kleidungsstücke hergestellt werden, vollständig zu verändern und eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Deutlich zu spüren war auch, dass der Einzelhandel beginnt, großen Einfallsreichtum zu zeigen und zudem Technologien wie KI einzusetzen, um Fortschritte bei Nachhaltigkeitszielen zu erreichen.
Auf den Punkt brachte es David Boynton, Ex-CEO von The Body Shop, als er über die Prinzipien von Gründerin Anita Roddick sprach. Der ursprünglich zweckorientierte Einzelhändler The Body Shop forderte die Schönheitsindustrie heraus, als er mit seiner Kampagne gegen Tierversuche und mit seiner Unterstützung des ethisch fairen Handels begann. Boynton sagte, dass Roddick fest daran geglaubt habe, dass diese Industrie die unglaublich große Kraft hat, das Leben der Menschen zu verändern. Dies ist eine starke Botschaft an alle Einzelhändler. Wir sollten sie annehmen, um der Generation von Verbrauchern wie Amy und Ali zu helfen, eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
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