Wenn der Brief von der Aufsichtsbehörde kommt, sind die meisten Händler erst einmal überrascht: Geldwäsche, was habe ich damit zu tun? Wenn sie dann lesen, was die Kontrolleure alles sehen wollen, bricht nicht selten Panik aus. „Vielen wird dann erstmals bewusst, dass auch sie Opfer von Geldwäsche werden könnten“, sagt die Kriminologin Maren Adam. Und dass einiges zu tun ist, um es zu verhindern.
Einkünfte aus Raub, Diebstahl oder Drogenhandel so zu tarnen, dass sie legal aussehen – die meisten Bürger kennen solche Straftaten allenfalls aus Krimis. Doch das Problem hat eine gewaltige Dimension: Nach Schätzungen werden in Deutschland rund 100 Milliarden schmutzige Euro jährlich in saubere verwandelt.
Besonders anfällig dafür ist der Immobiliensektor. Doch auch der Handel ist betroffen, gerade da, wo Kunden traditionell häufiger bar zahlen: etwa bei teuren Autos, Edelmetall, Schmuck, Uhren, Kunst und Antiquitäten. Generell unterstellt der Gesetzgeber ein Geldwäscherisiko bei Waren, die sich von Alltagsanschaffungen abheben, den sogenannten hochwertigen Gütern. Das können Designermöbel sein, teure Handtaschen oder Edelküchen.
Bei der klassischen Geldwäsche werden attraktive Produkte bar bezahlt und oft umgehend weiterverkauft, etwa über Secondhand-Onlineportale oder im Ausland. Eine Alternative sind bar getätigte Anzahlungen, die sich der Geldwäscher später rücküberweisen lässt, weil er sich angeblich umentschieden hat und das Produkt nicht mehr haben will. „Dies ist eine gängige Verschleierungstechnik“, sagt Expertin Adam.
Sie arbeitet als Senior Compliance Managerin und Geldwäschebeauftragte bei Kerberos Compliance, einem Dienstleister für digitale Geldwäscheprävention in Köln. Zuvor war sie bei der Financial Intelligence Unit tätig, der beim Zoll angesiedelten Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Adam kennt nicht nur die Tricks der Gauner, sondern weiß auch, wie sich Geschäftsleute vor ihnen schützen können.
Hohe Bußgelder drohen
Das deutsche Geldwäschegesetz legt Händlern in Risikobereichen bestimmte Pflichten auf. Wer sie verletzt, muss mit hohen Bußgeldern rechnen. Das realisieren viele erst, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde – welche das ist, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland – Unterlagen wie eine Risikoanalyse einsehen will oder Belege zur Kundenidentifizierung. Nicht selten kündigen die Kontrolleure gleich einen Vor-Ort-Besuch an. „Der Druck der Behörden auf den Handel nimmt zu“, sagt Sebastian Krolczik, Partnership Manager bei Kerberos Compliance.
Ein Weg, den Anforderungen gerecht zu werden, ist die Bestellung von Geldwäschebeauftragten. Sie überwachen die Regularien im Unternehmen, helfen, Verdachtsmomente zu erkennen, und halten Kontakt zu den Behörden. Für Händler, die weniger als 10.000 Euro Bargeld akzeptieren, ist zwar kein eigener Geldwäschebeauftragter vorgeschrieben. Gewisse Auflagen erfüllen müssen aber auch sie. Viele lagern das an Experten wie Adam aus. Etwa die Analyse des Risikos, Opfer eines Geldwäschers zu werden.
Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle: Hat ein Händler beispielsweise viele Laufkunden? Haben diese einen Wohnsitz in Hochrisikoländern wie Afghanistan, Ghana oder Syrien? Liegt der Laden im Grenzgebiet? Werden größere Beträge in bar gezahlt oder von dubiosen ausländischen Konten überwiesen? Sind die Produkte teuer und lassen sich vergleichsweise gut weiterveräußern?
Kriminellen das Leben schwer machen
Weitere Pflichten sind die Erstellung von Richtlinien und Schulungen für Mitarbeiter, damit diese sich richtig verhalten, wenn ihnen Kunden verdächtig erscheinen. Den Personalausweis zweifelhafter Individuen zu kopieren, reicht nicht aus. Bei der sogenannten Know-your-Customer-Prüfung sind zum Beispiel auch Einträge im Transparenzregister abzugleichen und es ist abzuklären, ob der Kunde für einen Dritten handelt. Einige Dienstleister bieten dafür inzwischen eine App an.
Auch das Personal selbst muss auf Zuverlässigkeit überprüft werden. Und das alles nicht nur einmal, sondern laufend und anlassbezogen – beispielsweise, wenn es eine Gesetzänderung gibt. „Der Prozess ist niemals abgeschlossen“, sagt Adam. Es sei denn, der Laden schließt.
Die Kriminologin weiß, dass Geldwäscheprävention aus Sicht der Händler vor allem eins ist: ein Störfaktor, der Zeit und Nerven kostet und der, was ihr eigenes Handeln betrifft, vollkommen überflüssig erscheint – schließlich haben sie ein reines Gewissen. Das aber ist nur die eine Seite der Medaille. „Es geht ja darum, es Kriminellen schwerer zu machen und zu verhindern, dass das Unternehmen missbraucht wird“, verdeutlicht Adam. „Wer möchte schon unabsichtlich einen Drogenhändler unterstützen?“ Das leuchtet den meisten dann doch ein.
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