Energiesparen ist nicht umsonst

Die Energiewende nimmt den Handel doppelt in die Pflicht: So muss die Branche in Energieaudits investieren und wird für die Förderung erneuerbarer Energien überproportional zur Kasse gebeten. Den Händlern soll dabei bald die neue Klimaschutzoffensive des HDE helfen.

Von Cornelia Dörries 02.12.2015

Anfang Dezember kommt es für große Unternehmen in Deutschland zum Schwur. Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro müssen bis zum Stichtag am 5. Dezember ein Energieaudit nach DIN EN 16247-1 absolvieren. Versäumen sie diesen Termin, drohen empfindliche Bußgelder. So will es das im Februar 2015 novellierte Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G), das großen Unternehmen aller Branchen und Wirtschaftszweige die zwingende Durchführung eines Energieaudits vorschreibt.

Von dieser Regelung ausgenommen sind Kleinst- und Kleinunternehmen sowie mittelständische Betriebe (KMU), aber auch große Firmen, die bereits über ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50001 beziehungsweise ein Umweltmanagementsystem entsprechend den Richtlinien des europäischen Energy Management and Audit System, kurz EMAS, verfügen oder bis zum 5. Dezember 2015 nachweislich mit der Einführung eines solchen Systems begonnen haben.

Bis zu zehn Prozent Einsparpotential

Im Zuge eines professionellen Energieaudits werden von einem unabhängigen Energieberater sämtliche Energieflüsse in einem Unternehmen ermittelt und auf Einsparpotenziale hin untersucht. Anhand der gewonnenen Daten, die zu Baubestand, Verbrauch, Nutzungsverhalten und innerbetrieblichen Abläufen erhoben werden, lassen sich konkrete Maßnahmen zur Effizienzsteigerung ableiten, deren Umsetzung allerdings nicht verbindlich vorgeschrieben ist. Die Kosten für ein Energieaudit hängen von der jeweiligen Firmengröße und dem Umfang der zu prüfenden Abläufe und Energieflüsse ab und müssen von den Unternehmen selbst getragen werden. Aber die Investition in empfohlene Maßnahmen lohnt sich. So beziffert Frederik Lottje von der Berliner Energieagentur BEA die mittels Audit erzielten Einsparungen auf bis zu zehn Prozent der jährlichen Energiekosten.

Doch welche konkreten Forderungen kommen jetzt auf den Einzelhandel mit seiner traditionell klein- und mittelständischen Struktur zu? Abgesehen von großen Playern, wie Metro, REWE, Tengelmann oder Edeka, müssen sich stationäre Händler mit bis zu 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro keiner Auditierung unterziehen. Sie können mit alternativen Systemen des Energiemanagements arbeiten, um nachhaltig Strom und Kosten zu sparen – auf freiwilliger Basis.

Auch kleinere Händler sollten einsparen

Doch ob sie wollen oder nicht: Die Energiewende finanzieren auch sie in besonderem Maße mit. „Der erneute Anstieg der EEG-Umlage führt dazu, dass der Handel im nächsten Jahr weit über zwei Milliarden Euro für den Ausbau erneuerbarer Energien ausgeben muss“, konstatiert HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Die Branche, eigentlich nur für sechs Prozent des Stromverbrauchs verantwortlich, trägt über diese Umlage mehr als zehn Prozent der Kosten. Nicht zuletzt deshalb lohnen sich Investitionen in die Energieeffizienz – auch und gerade für die kleinen Händler. Ihnen will der HDE mit einer eigenen Klimaschutzoffensive zur Seite stehen, die Anfang des kommenden Jahres startet.


Interview: „Wir haben einen branchenspezifischen Ansatz entwickelt“
Lars Reimann, Referent Energiepolitik beim HDE, über die geplante Klimaschutzoffensive des Verbands.

Wie ist der Handel auf die Energiewende vorbereitet?
Die großen Unternehmen sind ohnehin an die rechtlichen Vorgaben gebunden und verfügen schon aus wirtschaftlichen Gründen seit Jahren über ein professionelles Energiemanagement. Derzeit besteht für KMU in dieser Hinsicht noch keine Verpflichtung, doch gerade mit Blick auf die langfristigen Klimaziele der EU gibt es Überlegungen, wie solche strategischen Maßnahmen zur Energieeffizienz auch auf diese Betriebe ausgeweitet und gestaltet werden könnten.

Wohin kann sich ein Händler für eine Energieberatung wenden?
Die bekanntesten Anbieter sind sicher der TÜV oder die Dekra, und das BAFA als zuständige Behörde führt auf seiner Website eine aktuelle Liste mit zertifizierten Beratern. Das empfehlen wir auch Händlern, die sich deswegen an uns wenden.

Welche programmatischen Angebote in Sachen Energiewende sind vom HDE zu erwarten?
Wir haben mit unserer Klimaschutzoffensive einen branchenspezifischen Ansatz entwickelt, der Händler ermutigen und befähigen soll, in Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren.

Wie soll das in der Praxis funktionieren?
Geplant ist ein mehrstufiges Angebot, das Interessenten über ein Onlineportal zur Verfügung steht. Dort informieren wir über die Rahmenbedingungen und Leistungen, die wir jenen Händlern offerieren. Am Anfang muss der Händler seine Energiekosten angeben, die über ein simples Benchmarksystem analysiert werden. Wenn sie zu hoch sind, kann er im Anschluss nach Maßnahmen zum Energiesparen suchen und dafür durch ein virtuelles Warenhaus gehen. Das ist nach Sortimenten sortiert und zeigt auf, wo beispielsweise im Textilbereich Energiesparpotenziale liegen. So gibt es allein beim Lebensmittel-Vollsortimenter rund 30 Posten, mit denen sich sehr wirksam Energie einsparen lässt. Entscheidet er sich für bestimmte Maßnahmen, bekommt er von einem Return-of-Invest-Rechner Bescheid, wann sich die Investition amortisiert haben wird. Will der Händler diese Maßnahmen realisieren, kann er eine Hotline anrufen und bekommt dann von uns konkrete Informationen für die praktische Umsetzung.

Ab wann könnte dieses Angebot zur Verfügung stehen?
Das derzeit noch in Planung befindliche Projekt soll zusammen mit dem Umwelt- und dem Wirtschaftsministerium durchgeführt werden. Wenn die letzten Details geklärt sind, kann die Grundsatzentscheidung zum Start durch die Regierung erfolgen. Wir beginnen damit in drei Pilotregionen: Berlin-Brandenburg, Schleswig-Holstein und Hamburg sowie Niedersachsen. Dort werden wir diese Maßnahme mit Informationsveranstaltungen vor Ort flankieren. Parallel dazu sollen auch in den anderen Ländern Workshops stattfinden, mit denen wir dieses Angebot publik machen wollen.

Schlagworte: EEG-Umlage, Energieaudit, Energiesparen

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