Recht

Kopftuchverbot unter strengen Voraussetzungen möglich

Unternehmer, die sich für strikte politische, religiöse und weltanschauliche Neutralität entscheiden und entsprechende Zeichen am Arbeitsplatz verbieten, sollten einiges vorab beachten.

Von Dr. Peter Schröder 14.10.2021

© iStock/Getty Images Josh Hodge

Der Arbeitgeber verbot seiner Verkäuferin ein Kopftuch zu tragen. Von zwei Instanzen wurde aber festgestellt, dass diese Anweisung rechtswidrig war.

URTEIL: Interne Regeln eines Unternehmens, die den Arbeitnehmern das Tragen sichtbarer Zeichen politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugung am Arbeitsplatz verbieten, stellen keine unmittelbaren Diskriminierungen dar. Allerdings kann hieraus eine mittelbare Ungleichbehandlung des Mitarbeiters folgen. Diese ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber mit seiner internen Regel eine Politik der Neutralität gegenüber seinen Kunden verfolgt, von diesen ohne seine internen Regeln mit nachteiligen Konsequenzen zu rechnen hat und die internen Regeln für alle Mitarbeiter gleichermaßen gelten (EUGH, Urteil vom 15.07.2021, Az.: C-804/18 und C-341/19).

FALL: Die Verkäuferin einer Drogeriekette war durch ihren Arbeitgeber angewiesen worden, am Arbeitsplatz kein Kopftuch zu tragen. Von zwei Instanzen hatte die Klägerin feststellen lassen, dass diese Anweisung rechtswidrig war (AG Nürnberg, Urteil vom 28.03.2017, Az.: 8 Ca 6967/14 und LAG Nürnberg, Urteil vom 27.03.2018, Az.: 7 Sa 304/14). Der Arbeitgeber war in Revision vor das BAG gegangen, das dem EuGH die Frage vorgelegt hatte, ob bei der Abwägung zwischen Unternehmerfreiheit nach Artikel 16 Charta der Grundrechte der EU und dem nationalen Grundrecht der Glaubensfreiheit nach Artikel 4 Grundgesetz das nationale Grundrecht der Glaubensfreiheit wegen vorrangigem Europarecht unangewendet bleiben muss (BAG, Beschluss vom 30.01.2019, Az.: 10 AZR 299/18).

BEGRÜNDUNG: Der EuGH führt in seiner Entscheidung zwar zunächst aus, dass das Tragen sichtbarer Zeichen religiöser Überzeugung unter bestimmten Voraussetzungen vom Arbeitgeber verboten werden kann und dies keine unmittelbare Diskriminierung darstellt. Allerdings bleibt es eine mittelbare Diskriminierung. Denn das Verbot sichtbarer Zeichen betrifft nur Anhänger einer Religion, die ein solches sichtbares Zeichen vorgibt. Daher darf die unternehmerische Richtlinie nicht allein deutlich sichtbare Zeichen wie das Kopftuch verbieten.

TIPP: Wer sich als Unternehmer für strikte politische, religiöse und weltanschauliche Neutralität entscheidet und entsprechende Zeichen am Arbeitsplatz verbietet, sollte prüfen, ob er ohne eine solche Regelung belegbare Nachteile erleidet. Zudem sollte das Verbot alle und nicht allein deutlich sichtbare Zeichen betreffen.

Schlagworte: Rechtstipp, Personal

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