Wird das neue Normal wirklich neu oder wieder das alte Normal sein? „Es wird neu“, versichert Robert Kecskes, Global Insights Director der GfK, den Zuhörern. Der Online-Umsatz mit FMCG legte laut GfK Consumer Panel 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 43 Prozent zu; der E-Food-Marktanteil wuchs im gleichen Vergleichszeitraum von 1,4 auf 1,8 Prozent.
Zu den großen Gewinnern der Krise gehört zudem der Frischefachhandel: Biosupermärkte verzeichneten zwölf Prozent Wachstum, Naturkost- und Bioläden 20 Prozent und der Direktbezug in den Hofläden der Erzeuger sogar 30 Prozent. Das bekamen Discounter und SB-Warenhäuser zu spüren, die Anteile einbüßen mussten.
Der Trend zur Nachhaltigkeit zeigt sich auch im Regal. Veggie-Produkte als Ersatz für Fleisch und Käse, feste Körperpflege oder vegane Süßwaren gewinnen viele Käufer hinzu. „Millennials treiben die Trends Regionalität und Nachhaltigkeit und sind bereit, immer mehr Geld für ökologisch und lokal hergestellte Produkte auszugeben“, erklärt Kecskes.
Picnic zum Datenteilen bereit
Henkel und Hochland stellen bei der Onlinekonferenz von GS1 Germany unabhängig voneinander neue Studien zur Nachhaltigkeit vor – und kommen in einem Punkt zum gleichen Ergebnis: 15 Prozent der Shopper kaufen bislang recht konsequent nachhaltig ein. Das ist ausbaufähig.
Mit den Corona-Erfahrungen werde zukünftig eine junge Generation den Markt prägen, die noch stärker als die Millennials Nachhaltigkeit und Verantwortung von Herstellern und Händlern einfordert, so Kecskes. Die unter 25-Jährigen verstehen sich nicht mehr als Konsumenten, sondern als Akteure im Bemühen um eine bessere Welt.
„Der erfolgreiche Händler im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz ist implizit effizient und explizit sinnlich“, erklärt Kecskes. Faktoren wie eine hohe Aufenthaltsqualität in Märkten, regionale Ökomarken und menschelndes Marketing, wie Rewes Unterstützungsaktion für Sportvereine „Scheine für Vereine“, gewönnen nach Corona weiter an Bedeutung.
Wie das Supermarktregal in die App passt, demonstriert Picnic seit 2018 in Nordrhein-Westfalen: Mit drei Fulfillmentcentern und rund 400 Elektrofahrzeugen liefert der niederländische Onlinesupermarkt kostenlos Lebensmittel in 45 Städten aus. „Wir erfahren einen Riesenschub durch Corona und profitieren von den Trends zu Frische und Regionalität“, sagt Clemens Flohr vom Bereich Einkauf bei Picnic.
Das Sortiment umfasst etwa 10 000 Artikel. Im Schnitt macht Frische fast die Hälfte der Warenkörbe aus. „Wir bilden lokale Produktvorlieben ab und versuchen, Obst und Gemüse von Höfen aus der Lieferregion zu beziehen. Das Angebot wird sehr gut angenommen“, so Flohr.
Die Herausforderung für Picnic als App-basierter Vollsortimenter besteht darin, das One-Stop-Shop-Konzept auf einem Smartphone abzubilden. „Wir brauchen ein effizientes Sortiment, in dem sich jeder Shopper wiederfindet und wo er seinen gesamten Einkauf erledigen kann. Die Sortimentstiefe ist hingegen eine Variable, die von der Relevanz abhängt.“ So hat Picnic zum Beispiel ein Meersalz im Sortiment, nicht mehrere.
Penny als Omnichannel-Anbieter
Die Sortimentstiefe definiert Picnic aber nicht allein auf Basis der Nachfrage, sondern zudem durch die Auswertung von Daten und Insights: Welche Artikel weisen Verbundeffekte auf? Wie treu sind die Shopper einem Produkt oder einer Marke? Am Ende jeder Produktkategorie sowie wenn ein Shopper nach einem Produkt vergeblich gesucht hat, findet er ein Eingabefeld: „Fehlt etwas?“ Dort können die Kunden Vorschläge eingeben. Getreu dem ECR-Gedanken, der Kooperation betont, taucht im Publikum die Frage auf, ob Picnic seine Daten teile. „Wir sind gesprächsbereit“, sagt Flohr.
Penny verzeichnete im Vorjahr im Bereich Kräuter, Gemüse und Obst einen Zuwachs von zwölf Prozent im Vergleich zu 2019. Auf dem Weg, sich als nachhaltiger „Discounter von nebenan“ und Omnichannel-Anbieter zu positionieren, setzt Penny seit Kurzem auf die neue Kategorie Pflanzen im Onlineshop. Das Startsortiment umfasst rund 200 Artikel. „Das ist eine Trendkategorie, nicht zuletzt, weil Corona das Gärtnern und die Selbstversorgung befeuert“, sagt Chiara Piehler, Senior Manager Onlinevertrieb Penny Onlineshop.
Doch Pflanzen sind ein fachmarktspezifisches, beratungsintensives Produkt. Innerhalb der Rewe Group kann Penny hier vom Know-how von Toom Baumarkt profitieren. Zudem arbeitet der Discounter an einem Online-Beratungstool, das auch hilfreiche Ratgeber sowie Garten- oder Balkonplaner enthalten soll. Der Vertrieb erfolgt nach dem Dropshipping-Prinzip über Großhändler, um das Fulfillment schlank zu halten. „Bis jetzt unterscheidet sich das stationäre Pflanzenangebot von dem im Shop, der eine eigene Strategie verfolgt. Cross-Channel-Services können aber die Zahlungsbereitschaft erhöhen“, sagt Piehler.
Das Testen von Sortimenten, Platzierungen oder Promotionaktionen in echten Testmärkten ist mit einigem Umbauaufwand verbunden. Mars Petcare hat darum eine interaktive 3-D-Umgebung entwickelt, in der echte Märkte und Regale virtuell erlebbar werden. Das sieht verblüffend realistisch aus. Rund tausend Shopper, die für einen aussagekräftigen Test herangezogen werden, können am heimischen Bildschirm durch die Gänge streifen und mittels Maus Produkte aus dem Regal nehmen, drehen und begutachten.
Virtuelle Analyse von Fragestellungen
Kauft ein Shopper eher, wenn Marken im Regal Blöcke bilden, oder ist die Segmentierung nach Kategorien wie Nass- und Trockenfutter sowie Snacks zielführender? „Reale Testmärkte sind nach wie vor wichtig, etwa um Umsatzentwicklungen verfolgen zu können“, sagt Inga Simmons, Category Strategy Manager bei Mars. Doch ließen sich virtuell bei geringem Aufwand und ganz flexibel viele verschiedene Fragestellungen unter die Lupe nehmen. Um die Erkenntnisse anfassbar zu machen, lädt Mars seine Handelspartner ins Customer Growth Center nach London ein. Dort stehen dann doch echte Regale.
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