Mit Blick auf die kommenden Monate teilen wir wahrscheinlich alle die Hoffnung, dass sich die aktuelle Covid-19-Welle als letzte gravierende Pandemiephase erweist und die Welt beginnen kann, sich in Richtung einer „neuen Normalität“ zu bewegen. Doch über dieser Aussicht schwebt zugleich die Ungewissheit, wie sich diese neue Normalität tatsächlich gestalten wird und was daraus für den Einzelhandel folgt. Um zu einer realistischen Vorstellung zu gelangen, hilft der Blick zurück auf das, was sich in den zwei Jahren der Pandemie verändert hat.
Die für den Einzelhandel folgenreichste Umwälzung ist zweifelsohne das rasante Wachstum des E-Commerce, das in den Lockdowns von schierer Notwendigkeit befeuert wurde. Die jüngsten Zahlen der britischen Regierung zeigen, dass sich der Anteil der Onlineverkäufe am gesamten Einzelhandelsumsatz im Dezember 2021 auf 26,6 Prozent belief. Im Februar 2020, also unmittelbar vor dem ersten Lockdown im März, waren es lediglich 19,7 Prozent. Wesentlicher Treiber dieser fundamentalen und irreversiblen Transformation ist der Verbraucher. Insofern offenbart die Pandemie in drastischer Klarheit, was sich bereits zuvor abzeichnete: Kein Unternehmen wird künftig erfolgreich sein, wenn es nicht obsessiv den Kunden ins Zentrum seines Handelns stellt.
Wir alle haben als Verbraucher in den vergangenen zwei Jahren neue Gewohnheiten entwickelt, andere Wege beim Einkauf von Waren und Dienstleistungen erprobt sowie unsere Einstellung zu den Unternehmen verändert, von denen wir kaufen wollen. Aber hat die Erfahrung, mit der Pandemie zu leben, das Konsumverhalten tatsächlich dauerhaft neu geprägt? Fragen Sie Psychologen und Sozialwissenschaftler, besteht weitgehende Einigkeit, dass sich mit Blick auf die vergangenen 100 Jahre die grundlegenden Motivationen, Bedürfnisse und Wünsche der Menschen im Prinzip nicht geändert haben – und auch künftig nicht nennenswert ändern werden.
Das ist wahrscheinlich wahr. Gleichwohl wandelt sich das konkrete Verbraucherverhalten. Denn letztlich manifestieren sich Veränderungen von Einstellungen und Überzeugungen auch in der Art und Weise, wie Konsumenten ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen. Wir alle können heute über mannigfaltige Kanäle auf Waren und Dienstleistungen aus zahllosen Quellen zurückgreifen und diese erwerben. Darüber hinaus zeichnet sich momentan eine neue Revolution im Einzelhandel ab, da Social-Media-Kanäle vermehrt „Jetzt sehen, sofort kaufen“-Dienste anbieten. Das Metaverse, von dem viele von uns bis zu dem Zeitpunkt, als Mark Zuckerberg vor fünf Monaten ankündigte, Facebook in Meta umbenennen zu wollen, noch nie gehört hatten, zieht jetzt Investoren aus aller Welt an, die Millionen von Dollar in dieses digitale Universum hineinpumpen.
All diese Entwicklungen werden vor allem von jungen Verbrauchern vorangetrieben, insbesondere von den Millennials – die das US Census Bureau als größte Einzelkohorte in der Geschichte beschreibt – sowie von ihren Nachfolgern aus der Gen Z. Diese beiden Generationen dominieren bereits sowohl den Arbeits- wie auch den Verbrauchermarkt. Einzelhändler, die künftig bestehen wollen, müssen die Einstellungen und Erwartungen dieser jungen Konsumenten verstehen. Sie müssen wissen, wie sie erreich- und ansprechbar sind, wie sie ihr Vertrauen und ihre Loyalität gewinnen. Und sie müssen wissen, wie sie diese Generationen online wie offline locken und für sich begeistern können.
Denn trotz all der Veränderungen, die Pandemie, innovative Technologien und junge Generationen herbeigeführt haben, ist die Anziehungskraft von spannenden Erlebnissen, aufregenden Neuheiten und sowohl vertrauten wie auch trendigen Marken auf Menschen jeder Generation ungebrochen.
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