Gastbeitrag

Wie künstliche Intelligenz den Handel in China prägt

Anwendungen wie ChatGPT haben das Thema künstliche Intelligenz greifbar und populär gemacht. Während der Handel hierzulande Einsatzmöglichkeiten prüft, ist die Technologie in China längst im Branchenalltag angekommen.

Von Damian Maib, CEO bei Genuine 04.05.2023

© Pony Wang / iStock.com

KI-gestützte Gesichtserkennung hilft Händlern in China dabei, Kunden zu identifizieren und das Einkaufserlebnis zu personalisieren.

Der Grund für den Vorsprung Chinas ist simpel: Die Regierung unterstützt die Entwicklung auf künstlicher Intelligenz (KI) basierender Anwendungen massiv. Daher haben nicht nur die großen Techkonzerne Alibaba und Tencent mit "Ali Xiaomi" beziehungsweise "Xiaowei" längst ihre KI-Algorithmen mit angeschlossenen sprachbasierten Chatbots auf dem Markt, sondern es gibt auch darüber hinaus zahlreiche Felder, auf denen die Handelsbranche bereits KI-Lösungen einsetzt. Ein Überblick.

Personalisierung
Die führenden E-Commerce-Plattformen wie Taobao, Tmall, JD und Douyin verfügen über etliche KI-basierte Tools, die sie im Bereich des personalisierten Marketings einsetzen. Das zentrale Anwendungsfeld besteht in der Analyse von Kundendaten, um personalisierte Produktempfehlungen entsprechend der Kaufhistorie und des Online-Verhaltens zu platzieren. Ein anderer Umgang mit dem Thema Datenschutz und die größere Akzeptanz des E-Commerce haben in China zu einem erheblichen Daten- und somit Erfahrungsvorsprung im Vergleich zu Europa geführt.

Logistik
KI-Systeme helfen, Inventar- und Logistikprozesse zu optimieren. So nutzt das von Alibaba gegründete Logistikunternehmen Cainiao entsprechende Algorithmen, um Bestellungen effektiv zu verwalten und Lieferungen zu optimieren. Die große Stärke von KI liegt allerdings im Bereich Predictive Analytics, also der Vorhersage künftiger Entwicklungen. So hilft KI im stationären Handel dabei, Lagerbestände zu optimieren, indem Kundennachfrage, Verkaufstrends und Leistung der Lieferanten analysiert werden – so lässt sich die zukünftige Nachfrage prognostizieren, Fehlbestände oder Überbestände lassen sich verhindern. Ganze Lieferketten können verbessert werden, indem Versandzeiten vorhergesagt, Engpässe im Logistikprozess identifiziert und so Lieferwege optimiert werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist Hema, eine zu Alibaba gehörende Supermarktkette, die KI-basierte Systeme zur automatisierten Bestandsverwaltung und Bestellungsabwicklung einsetzt.

Einkaufserlebnis
Viele Händler experimentieren derzeit – auch als Folge der Corona-Pandemie – mit KI-gestützter Augmented-Reality (AR) und Virtual-Reality-Technologie (VR), um alternative Einkaufserlebnisse zu schaffen. Tmall etwa hat stark in AR-Technologie investiert, die dem Kunden ermöglicht, Produkte virtuell anzuprobieren. Die Algorithmen können aber auch am stationären Point of Sale Ladenverkehrsmuster und Kundenverhalten analysieren, so Ladenlayouts optimieren und die Produktplatzierung verbessern. Einige Händler verwenden KI-basierte Gesichtserkennungstechnologie, um Kunden zu identifizieren und die Personalisierung von Einkaufserlebnissen zu ermöglichen. Doch KI beobachtet nicht nur Kunden, sondern auch Wettbewerber – und passt die eigenen Preise in Echtzeit an die von Konkurrenten an.

Zusammengefasst: Künstliche Intelligenz ermöglicht es Unternehmen in China, den Kundenservice zu verbessern, die Lieferkette zu optimieren und personalisierte Erfahrungen anzubieten. Inwieweit die vermeintlich letzten menschlichen Kompetenzbastionen wie Kreativität, emotionale Intelligenz und Entscheidungsfähigkeit durch KI repliziert werden können, wird sich zeigen. Spannend ist es allemal.

Damian Maib ist Founder und CEO bei Genuine. Von Berlin und Shanghai aus führt er zusammen mit Fabian Sinn (Managing Partner) und Wenjing Liu (Managing Partner) das 50-köpfige Team von Genuine.

Die Digital-Agentur Genuine unterstützt Kunden beim Eintritt in den komplexen chinesischen und südostasiatischen Markt. Genuine baut auf ein tiefes Verständnis für das digitale Ökosystems Chinas und Südostasiens und die entsprechende Markenführung per Social Media Marketing, um den E-Commerce-Erfolg internationaler Marken in Fernost zu sichern.

Schlagworte: China, Künstliche Intelligenz

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