Schweinezunge und Wasserminze, Winkekatzen und Wackelkopfbären, Plastikblumen und Spielzeugmaschinengewehre: Die Warenwelt des Dong Xuan Centers ist eine bunte. Auf dem Parkplatz vor den acht Markthallen im Berliner Stadtteil Lichtenberg drehen sich Kinderkarusselle zu deutschem Schlager. Drinnen aber, zwischen Geschenkartikeln, Textilien und Haushaltswaren des untersten Preissegments, geht die Kirmes erst richtig los.
Jede Halle ist der Länge nach von einem rund zwei Meter breiten Gang durchteilt. Links und rechts des Pfads reiht sich wie beim Vorbild in Hanoi ein Shop an den anderen. Die Läden sind allerdings fensterlose Lagerblechboxen, deren überquellendes Warenangebot sich auf Ständern, Bügeln und Grabbeltischen in den Gangbereich davor ergießt. Dazwischen bieten zahlreiche gut frequentierte Frisierstuben und Nagelstudios ihr Handwerk an. Sie lohnen den Besuch der vietnamesischen Enklave im Osten der Hauptstadt ebenso wie die authentischen Restaurants und Lebensmittelmärkte auf dem Gelände. Ein Gutteil der Warensortimente der rund 300 überwiegend vietnamesischen Händler und Großhändler hingegen erscheint weniger kompatibel mit zeitgemäßen europäischen Einrichtungs- und Kleidungsbedürfnissen, und das liegt leider nicht an einer exotisch gearteten Anmutung asiatischen Hintergrunds. Der blinkende, glitzernde Tinnef und Tand aus schrillen Kunststoffen ist auf ganz herkömmliche, altbekannte Weise uninteressant.
Die Dong Xuan GmbH will auf dem abgewetzten Gelände des ehemaligen VEB Elektrokohle an der Lichtenberger Herzbergstraße eine Art Berliner Asiatown entwickeln. Eigner Nguyen Van Hien, der wie Zehntausende seiner Landsleute als Fabrikarbeiter aus Vietnam ins sozialistische Bruderland DDR kam, plant, ein Veranstaltungszentrum, Pensionen, ein Parkhaus sowie Betriebswohnungen für die Angestellten des Centers zu bauen. Das Vorhaben des erfolgreichen, für das handelsjournal aber leider nicht erreichbaren Selfmade-Unternehmers ist Zukunftsmusik: Die planungsrechtliche Umwidmung des Gewerbe- und Industriegebiets, in das Van Hien bereits 35 Millionen Euro investiert haben soll, in ein Mischgebiet mit deutlich wertvolleren Flächen für die Wohnnutzung kommt seit Jahren nicht entscheidend voran.
Dong Xuan bedeutet „blühende Wiese“, doch bislang wächst Asiatown nur in den kühnen Modellvorstellungen des Masterplans. Viele der gut 4 000 in Lichtenberg lebenden Vietnamesen werden trotzdem ein Stückchen alte Heimat in den Markthallen finden – und Touristen zumindest Bo-La-Lot-Würstchen, Klebreiskuchen und Reiseeindrücke zum Mitnehmen.
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