Der rasante digitale Wandel mit seinen Auswirkungen auf Wettbewerbsintensität und Kundenverhalten hat den im Großen und Ganzen mittelständisch strukturierten Schuhfachhandel in besonderem Maße getroffen. Vor diesem Hintergrund haben sich die Anteile der einzelnen Vertriebskanäle in den vergangenen Jahren stark verschoben. Entfielen auf den stationären Schuhfachhandel, vom kleinen Fachgeschäft bis zum Schuhfilialisten, vor zehn Jahren immerhin rund 70 Prozent des gesamten Schuhabsatzes an Endverbraucher, rutschte sein Marktanteil zwischenzeitlich unter die 60-Prozent-Marke. Kräftig zulegen konnte in dieser Zeit dagegen vor allem der Versand- und Onlinehandel.
Der Marktanteil des Onlinehandels dürfte mittlerweile rund 22 Prozent des insgesamt 11,5 Milliarden Euro umfassenden Einzelhandelsumsatzes mit Schuhen erreicht haben. Zwar haben sich die Wachstumsraten des Internetverkaufs von Schuhen stark abgeschwächt, das Onlinebusiness wächst aber nach wie vor im mittleren einstelligen Bereich. Dies kostet den ohnehin schwächelnden Ladenhandel weitere Marktanteilspunkte. Zumal es sich bei Schuhen um vergleichsweise emotionale Produkte handelt, die – insbesondere die weiblichen – Kunden häufig recht spontan kaufen. So leidet der stationäre Schuh einzelhandel, ähnlich wie beispielsweise der Bekleidungshandel, ganz besonders unter den anhaltend rückläufigen Kundenfrequenzen innerstädtischer Einkaufsorte.
Digitale Schaufenster
Mit wachsender Bedeutung des Internethandels nahm die Zahl der stationären Anbieter ab. So verlor der Schuhfachhandel allein zwischen 2010 und 2017 rund 1 200 Unternehmen, also fast ein Viertel seiner Anbieter. Noch einschneidender sieht es in der Langzeitbetrachtung aus: Seit 2000 hat sich die Zahl der Schuhfachhändler von damals 7 250 auf rund 3 800 verringert und damit annähernd halbiert. Die Zahl der einzelnen Geschäfte (Point of Sales) blieb mit 11 000 bis 12 000 Einheiten dagegen weitgehend stabil. Während vor allem kleinere Schuhhändler aus dem Markt ausschieden, sorgte die Expansionsstrategie der Schuhfilialisten dafür, dass die Distributionsdichte auf einem hohen Niveau blieb.
Der stationäre Schuhfachhandel stellte sich in den vergangenen Jahren auf die neuen Wettbewerbsverhältnisse und veränderten Rahmenbedingungen ein. So investierten viele Unternehmen ins Onlinebusiness, um den veränderten Kundenwünschen Rechnung zu tragen und drohende Umsatzverluste im stationären Verkauf auszugleichen. Der Anteil jener Schuhhändler, die neben ihrem stationären Laden auch einen Onlinekanal bedienen, ist im Vergleich zu anderen Branchen hoch.
Nach einer aktuellen Befragung des BDSE unterhält etwa die Hälfte der stationären Schuhhändler einen eigenen Webshop oder verfügt über eine Anbindung an einen Onlinemarktplatz. Und die Internetumsätze des Multichannel-Schuhhandels mit Wurzeln im stationären Business machen laut dem Institut für Handelsforschung Köln immerhin ein knappes Viertel aller Online-Umsätze mit Schuhen aus.
Pionier war Marktführer Deichmann, der bereits im Jahr 2000 in das Internetbusiness einstieg und aktuell weltweit 40 eigene Onlineshops unterhält. Aber auch zahlreiche mittlere und kleine Schuhhäuser betätigen sich inzwischen hierzulande im E-Commerce. Maßgeblich unterstützt auf dem Weg zum Multichanneling wurde der inhabergeführte Schuhhandel von den Verbundgruppen der Branche. Der Einkaufsverband ANWR beispielsweise startete im Jahr 2013 seine Onlineplattform schuhe.de, die viele Anschlusshäuser mit einem digitalen Schaufenster im Netz sichtbar machte und ihnen den Einstieg in den E-Commerce ebnete. Auch die Marktplatzinitiative des Schuhhauses Benner brachte den mittelständischen Schuhhandel beim E-Commerce ein gutes Stück voran: Mehr als 1 000 Schuhfachgeschäfte nutzen mittlerweile das Branchenportal schuhe24.de als zusätzlichen Vertriebsweg zu ihrem stationären Angebot.
Optimierter Datentransfer
Neben Webshops und Portalanbindungen integriert der stationäre Schuhhandel weitere digitale Tools. Dazu zählt unter anderem die digitale Regalverlängerung mit Warenzugriff auf die Lagerbestände der (Marken-)Lieferanten. Auch der Zugriff auf freigeschaltete Warenbestände von Handelskollegen wird derzeit erprobt.
Im Zuge notwendiger Prozessoptimierungen sind gerade für den mittelständischen Schuheinzelhandel, aber auch für die Supply Chain insgesamt, effiziente und kostengünstig einsetzbare Standardlösungen von Bedeutung. Der BDSE unterstützt diese Entwicklung seit vielen Jahren, nicht zuletzt über entsprechende Initiativen und eine fachliche Begleitung von (europäischen) Standardisierungsprojekten in enger Kooperation mit der Rationalisierungsorganisation GS1 Germany. Aktuelle Projekte befassen sich unter anderem mit der Optimierung eines B2C-Datentransfers, der künftig eine weitgehende Automatisierung des Contentdatenflusses von Lieferanten zum Schuhhandel ermöglichen soll. Erste Anwendungsempfehlungen, auch für Bilddaten, konnten der Branche bereits zur Verfügung gestellt werden.
Die Fachverbände
Eine Übersicht Ihrer Branchenansprechpartner finden Sie unter: handelsjournal.de/fachverbaende
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