Was unterscheidet Horst von konventionellen Baumärkten wie Obi, Hornbach oder Toom?
Zuerst einmal: Wir sind kein Baumarkt, sondern ein DIY-Markt. Ein Platz also, an dem es ums Selbermachen geht, ums Do-it-Yourself. Ein Ort, der hilft, das eigene Zuhause schöner zu machen – und ein Ort, an dem man lernen kann, wie das geht. Damit spielen wir Themen, die mit dem klassischen Baumarktrepertoire nichts zu tun haben. Voran sind das unsere Workshops. Da machen wir klar: Mit uns an deiner Seite schaffst du es selbst, denn wir vermitteln dir die notwendigen Fertigkeiten. Nehmen wir das Balance Board aus Holz, das ist gerade ein Bestseller: Im Workshop sägen die Teilnehmer es selbst aus, schleifen und bemalen es – und am Ende tragen sie nicht allein ihr persönliches Sportgerät nach Hause, sondern zudem das Wissen, wie man es selbst baut.
Die Workshops sind also ein zentraler Baustein Ihres Konzepts?
Ja, unbedingt. Wir halten sie auch nicht ausschließlich hier im Store ab, sondern auch außerhalb, an sechs unterschiedlichen Locations in Hamburg – und alle Termine waren ausgebucht. Die Workshops liefen oft an vier, fünf Tagen pro Woche. Mittlerweile haben wir rund 35 Workshopmodule zu allen möglichen Themen im Angebot, und das wollen wir weiter ausbauen. Wegen der Coronapandemie mussten wir zuletzt allerdings die Zahl der Teilnehmer reduzieren und ein Hygienekonzept entwickeln.
Was hat sich durch Corona noch verändert?
Der Store konnte ja zum Glück die ganze Zeit geöffnet bleiben, wir hatten also durchgehend Publikumsverkehr. Rasant angestiegen ist aber der Onlineverkauf. Das Balance Board, um bei dem Beispiel zu bleiben, kann man sich als DIY-Kit nach Hause schicken lassen oder man kann ein fertiges Board ordern. Wichtig bei solchen Produkten ist: Es muss in den sozialen Medien funktionieren. Denn auf Instagram, Facebook und Co. ist unsere Zielgruppe unterwegs und lässt sich inspirieren.
Sie schaffen also gezielt eine eigene Horst-Community?
Auf jeden Fall. Denn Horst ist zwar einerseits klassischer Handel, aber andererseits wollen wir mit den Workshops und der Werkstatt im Laden auch Dienstleister mit Event-Charakter sein. Perspektivisch sehen wir uns auch als Event-Location, für Incentive-Veranstaltungen beispielsweise. Auch dabei führt Corona zu Einschränkungen, aber an dem Community-Konzept bleiben wir dran. Wie erfolgreich es ist, zeigt sich an der Aufenthaltsdauer der Kunden: In Baumärkten vergleichbarer Größe liegt sie bei zehn bis 15 Minuten, bei uns sind es 30 bis 45 Minuten. Doch die Leute bleiben nicht nur relativ lange bei uns, sie tauschen sich auch untereinander aus. Bei den Workshops lernen sich ebenfalls Menschen kennen – und oft auch voneinander. Ein gewisses Dating-Potenzial haben solche Workshops, nebenbei bemerkt, natürlich zudem …
Wie ist denn die Verteilung zwischen Männern und Frauen?
Je nach Thema unterschiedlich, aber insgesamt nehmen deutlich mehr Frauen als Männer teil. Was gut ist. Denn bei der Frage „Wie mache ich mein Zuhause schöner?“ sind es ja in der Regel die Frauen, die die Richtung vorgeben.
Kann man sagen, dass Horst femininer ist als ein klassischer Baumarkt?
Ja, der klassische Baumarkt hat eine maskuline Aura – die haben wir nicht.
Dafür bieten Sie Ihren Kunden einen Werkzeugverleih …
Ja, denn wie oft braucht man eine Bohrmaschine wirklich? Und wenn man eine kauft, sollte es eine vernünftige sein, die lange hält. Die bekommt man bei uns.
Die teurer ist als anderswo?
Nein, überhaupt nicht. Produkte, die Sie auch in Baumärkten finden, sind bei uns nicht teurer als dort. Wichtig ist uns aber zudem, ein wachsendes Angebot ökologischer Produkte zu bieten. Die sind zwar häufig teurer, aber das ist es vielen unserer Kunden wert.
Glauben Sie, dass Corona die Haltung zum Konsum verändert?
Corona befeuert bereits vorhandene Tendenzen: Zum einen wächst der Onlinehandel rasant. Zum anderen fragen sich die Kunden häufiger: Muss ich das jetzt tatsächlich schon wieder neu kaufen oder kann ich dieses Kleidungsstück oder jenen Gegenstand nicht noch länger benutzen? Beim Neukauf achten die Kunden mehr darauf, dass sie ein wertiges und langlebiges Produkt erwerben. Nicht übersehen werden sollte aber auch, dass Corona vielen so sehr zusetzt, dass sie stärker auf den Preis achten müssen. Aber Selbermachen hat ja auch mit Preissensibilität zu tun! Und diese beiden Aspekte – die Tendenz zum Selbermachen und wissen zu wollen, woher Produkte stammen – werden durch Corona verstärkt.
Sie vermitteln also eine neue Art von Wertigkeit?
Ich glaube schon. Denn wenn Sie, sagen wir mal, ein Memoboard für Ihr Arbeitszimmer bauen – wie wir das in einem unserer Workshops gemacht haben –, dann liegt dessen Wertigkeit, was das Material betrifft, bei 30 Euro oder so. Aber wenn Sie es selbst ausgesägt, gebaut und bemalt haben, dann geht die Wertigkeit für Sie gegen unendlich.
Wann und wo wird der nächste Horst eröffnet?
Wir waren schon länger auf der Suche, noch bevor Corona ausbrach. Infrage kommen Städte wie Berlin und Köln oder auch eine Studentenstadt wie Freiburg. In jedem Fall suchen wir Standorte mit einer lebendigen Community, die wir involvieren können.
Die Gründer
„Horst – dein DIY-Markt“ eröffnete im Oktober 2018 in Hamburg-Bahrenfeld. Miterfinder Philipp Möller ist zudem Geschäftsführer von sieben Möller & Förster Hagebau-märkten in Hamburg und Umgebung, darunter zwei kleineren in Altona und Winterhude. Die positiven Erfahrungen mit diesen Kleinflächen ermunterten ihn zur Entwicklung von Horst. Drei Jahre hat er gemeinsam mit Arne Schultchen, Gründer des Designstudios „Design for human nature“, den Baumarkt in die Zukunft gedacht. Das Konzept möchte eine junge, urbane Zielgruppe ansprechen – und eher Mieter als Eigenheimbesitzer.
Das Sortiment
Deshalb ist das Angebot, das der rund 800 Quadratmeter große Store führt, bewusst reduziert: Es umfasst mit circa 15 000 Artikeln ein Drittel dessen, was ein mittelgroßer Baumarkt gemeinhin anbietet. Statt 20 verschiedener Bohrmaschinen etwa findet man nur drei oder vier. Baustoffe oder Rasenmäher gibt es gar nicht. Neben Leuchtmitteln, Farben, Holz, Badutensilien, Kleinmöbeln und Werkzeug gehören auch Bastelbedarf, Kerzen und Pflanzen für die Wohnung oder den Balkon dazu.
Die Services
Neben DIY-Workshops offeriert Horst zudem die Dienstleistung „Kümmerling“, die persönliche Hilfe bei Kleinreparaturen im Haushalt bietet, zum Beispiel beim Reinigen eines verstopften Abflusses oder beim Anbringen eines Spiegels. Außerdem gibt es einen Geräte- und einen Lastenfahrradverleih, eine Werkstatt, in der Kunden Holz oder Kunststoffe selbst bedrucken oder gravieren können, sowie eine ansprechend gestaltete Kinderinsel.
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