Die Ware Leben

Feingeist

Regalweise Cognac, Whisky, Gin und Likör – viele Kunden von Thomas Kochan geben zu, dass sie in seinem Beruf wahrscheinlich ihre Gesundheit riskieren würden. Doch der Spirituosenfachmann aus Berlin weiß es besser.

Von Cornelia Dörries 24.08.2020

© privat

Schnapskultur: Thomas Kochan führt seinen 2011 eröffneten Laden mit der Strenge eines Sammlers.

Wenn Familie Kochan Ferien macht, ist fast immer Hochprozentiges im Spiel. Manchmal bestimmt Schnaps sogar das Reiseziel. So wie im vergangenen Jahr, als es in die Westalpen ging. Denn dort im Piemont, das wusste Thomas Kochan, gedeiht das Hochgebirgskraut Artemisia genepi, das kleine Brennereien der Region für einen ganz besonderen Likör verwenden.

Alkohol als Kulturgut

Dieser Likör gehört seither zum Sortiment von „Dr. Kochans Schnapskultur“, einem Fachgeschäft für hochwertige Spirituosen in Berlin-Prenzlauer Berg. Inhaber Thomas Kochan führt seinen 2011 eröffneten Laden mit der Strenge eines Sammlers: In den Regalen finden sich ausschließlich Sorten, die es garantiert nicht im Supermarkt oder beim Getränkehändler gibt. Er kennt die Hersteller oft persönlich, weiß genau, zu welchem Anlass welche Sorte passt und kann die geschmacklichen Eigenheiten eines Birnengeists auf denkbar poetische Art beschreiben.

Für Kochan sind die raren Erzeugnisse aus kleinen Familienbetrieben und entlegenen Klöstern, darunter traditionelle Obstbrände, exotische Likörsorten und edle Branntweinspezialitäten aus aller Herren Länder, keine vornehmlich berauschenden Substanzen, sondern eine zivilisatorische Errungenschaft. „Mich hat der Alkohol als Kulturgut von jeher fasziniert, ich mochte schon früher die schönen Flaschen und die Etiketten“, erzählt Kochan. „Mir ging es beim Trinken aber nie um den Rausch, sondern stets um den Genuss eines kleinen konzentrierten Schlucks am Ende des Tages.“

Mit der Gründung eines eigenen Geschäfts für ausgesuchte Spirituosen erfüllte sich der Ethnologe – Dissertationsthema: „Die Kulturgeschichte des Alkohols in der DDR“ – zunächst den lang gehegten Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit. Nach Stationen im „Haus der Geschichte“ in Bonn und an der Universität wollte er endlich sein eigener Herr sein, ohne dafür die Freude am Geistreichen dranzugeben.

Spezialist in der Nische

Doch die Entscheidung für ein hoch spezialisiertes Nischengeschäft war ohne Frage ein Wagnis. „Während Wein gewissermaßen Hochkultur ist, haftete Schnaps bis vor ein paar Jahren noch ein durchaus ambivalenter Ruf an“, sagt er. Doch mittlerweile ist eine erlesen bestückte Hausbar vor allen in den gehobenen urbanen Milieus so unverzichtbar wie früher das gut sortierte Bücherregal.

Auch Restaurants und Bars der Hauptstadt lassen sich bei der Zusammenstellung ihrer Spirituosenauswahl von Thomas Kochan beraten und beliefern. Während der flächendeckenden Schließungen aufgrund der Corona-Pandemie lag dieses Geschäft zwar brach, doch hatte Thomas Kochan in dieser Zeit mit merklich zunehmenden Onlinebestellungen von Privatkunden zu tun. Wie wusste Wilhelm Busch: Es ist ein Brauch von alters her: Wer Sorgen hat, hat auch ­Likör.

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