Kaufverhalten

Gratwanderung zwischen Preis und Prinzip

Aus dem Spannungsfeld zwischen Preis und Prinzip erwächst eine Gruppe von „widersprüchlichen“ Käufern, so eine neue Studie. Käufer stehen vor dem Paradoxon, auf das Preis-Leistungs-Verhältnis zu achten und gleichzeitig von Händlern zu verlangen, dass diese nachhaltige Produkte anbieten.

10.05.2023

© stock.adobe.com/focusandblur/Roberto David

Viele Verbraucher mögen es etwa im Fall von Fast Fashion gern günstig oder sie müssen auf den Preis achten - für ein gutes grünes Gewissen sollen Handel oder Marken trotzdem sorgen.

Die Studie „Direktverkauf im Zeitalter des widersprüchlichen Käufers” von Asendia, einem Anbieter von internationalen E-Commerce- und Postversandlösungen, analysiert eine globale Umfrage unter 8.000 Käufern - darunter 1.000 aus Deutschland. Die Ergebnisse für Deutschland zeigen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis für 62 Prozent der kaufenden Personen das wichtigste Kriterium bei der Kaufentscheidung war, gefolgt vom Preis (56 Prozent). Trotz gestiegener Lebenshaltungskosten bezeichnen sich aber auch fast drei Viertel (73 Prozent) der Verbraucher in Deutschland in ihrem Kaufverhalten selbst als nachhaltigkeitsbewusst.

Konsumrückgang durch Preis und Umweltgedanke begründet

69 Prozent der deutschen Verbraucher gaben an, im Jahr 2023 wegen der unsicheren Wirtschaftslage weniger ausgeben zu wollen. Gleichzeitig überdenken sie wie und was sie kaufen, um ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. 62 Prozent wollen weniger und dafür nachhaltiger konsumieren, indem sie 2023 mehr gebrauchte oder Second-Hand-Artikel kaufen; bei der Gen Z sind es sogar 70 Prozent. Weitere 39 Prozent der Konsumenten planen, weniger einzukaufen, indem sie bereits gekaufte Produkte länger nutzen und auf Reparatur- und Upcycling-Angebote von Händlern zurückgreifen sowie Initiativen nutzen, die die Kreislaufwirtschaft unterstützen.

Renaud Marlière, Global Chief of Business Development bei Asendia, sagt dazu: „Es steht außer Frage, dass die gestiegenen Lebenshaltungskosten die Verbraucher dazu zwingen, abzuwägen, welche Werte –  wie zum Beispiel Nachhaltigkeit oder umweltfreundlicher Konsum – sie sich überhaupt noch leisten können. Die Haushaltskassen sind recht leer – und dennoch sind die Konsumenten noch nicht völlig dazu bereit, ihre Prinzipien ganz dem Preis unterzuordnen.”

„Daraus entsteht das Paradoxon, das wir den 'widersprüchlichen Käufer' nennen – Verbraucher, die zwar auf der einen Seite preisempfindlich und vorsichtig sind und auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achten, auf der anderen Seite aber ihre Wertvorstellungen beim Kauf berücksichtigen. Hier sind vor allem Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit zu nennen – von der Produktauswahl bis hin zum Fulfillment. Das bedeutet, dass Einzelhändler trotz dieses scheinbaren Paradoxons beide Enden dieses Wertespektrums berücksichtigen müssen, wenn sie Kunden gewinnen und langfristig binden wollen”, so Marlière weiter.

Das Werte-Paradoxon

Während sich 73 Prozent der deutschen Shopper selbst als nachhaltigkeitsbewusst bezeichnen und „grün“ einkaufen – 60 Prozent kaufen Bio-Produkte, 37 Prozent wählen Produkte mit höheren Standards und 35 Prozent achten auf klimafreundliche Produkte – leisten sich die gleichen Kunden in ihrem Einkaufsverhalten kleinere „Laster” in Sachen Nachhaltigkeit.

Ein Fünftel (20 Prozent) wählt immer noch die Express-Lieferung oder schnelles Fulfillment, während 22 Prozent der Gen Z, die sich selbst als nachhaltigkeitsbewusst bezeichnen, trotzdem Fast Fashion kaufen, obwohl diese für ihre schlechte Umweltbilanz bekannt ist. Weitere 19 Prozent der “grünen” Gen Z sowie 15 Prozent der Millennials kaufen zudem Denim und damit Mode, die sich ebenfalls schlecht auf die Umwelt auswirkt.

Nachhaltigkeitsanforderungen beim Versand

Das Werte-Paradoxon zeigt sich nicht nur bei der Bestellung an sich, sondern auch bei der Lieferung. So ist es deutschen Verbrauchern bei internationalen Bestellungen am wichtigsten, mehrere Bestellungen zu einer Sammellieferung zusammenzufassen, um damit ihren CO2-Einfluss zu verringern (33 Prozent).

Bei der Frage, wie die Zustellung sowohl national als auch international verbessert werden könne, stand bei den deutschen Befragten die Nutzung wiederverwendbarer Verpackungen ganz oben (38 bzw. 40 Prozent (international)). Dahinter folgten die CO2-kompensierte Zustellung (international, 35 Prozent) bzw. die CO2-neutrale Zustellung (national, 37 Prozent). 36 Prozent würden einen Aufpreis für schnelleres Fulfillment zahlen, 32 Prozent für die CO2-neutrale Zustellung. Nur 13 Prozent allerdings wären dazu bereit, mehr für nachhaltigeres Fulfillment zu bezahlen und dafür eine längere Versandzeit in Kauf zu nehmen.

Forschungsmethodik
Globale Befragung von 8.000 Käufern in Großbritannien, den USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, Spanien, der Schweiz und Hongkong. Die Stichprobengröße jedes einzelnen untersuchten Marktes betrug über 1.000 Kunden. Die Untersuchung wurde im Auftrag von Asendia im Februar 2023 auf Grundlage von Online-Interviews durch Savanta durchgeführt.

Schlagworte: Einzelhandel, Nachhaltigkeit, Preisgestaltung, Kaufverhalten

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