Verdacht gegen Arbeitnehmer

Ersatz von Ermittlungskosten möglich

Ein Arbeitgeber, der Kosten durch Beauftragung einer spezialisierten Anwaltskanzlei zur Ermittlung gegen einen Arbeitnehmer aufgewendet hat, kann diese als Schadenersatz geltend machen.

Von Jens Meyer, Rechtsanwalt, Geschäftsführer Rechtsabteilung, Handelsverband NRW 17.12.2021

© photo 5000/stock.adobe.com

Arbeitgeber sollten vor Beauftragung von Detektiven oder Rechtsanwälten prüfen, ob bereits ein konkreter Verdacht gegen eine Arbeitskraft vorliegt.

URTEIL: Ein Arbeitgeber, der Kosten durch Beauftragung einer spezialisierten Anwaltskanzlei zur Ermittlung gegen einen Arbeitnehmer aufgewendet hat, kann diese als Schadenersatz geltend machen, sofern der Mitarbeiter einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Voraussetzung sind jedoch ein konkreter Verdacht bereits bei Beauftragung, die Erforderlichkeit des Tätigwerdens sowie eine Kostenaufstellung. (Bundesarbeitsgericht 29.04.2021, Az.: 8 AZR 276/20)

FALL: Ein Arbeitgeber hegte gegen einen Mitarbeiter aufgrund anonymer Hinweise den Verdacht, dass dieser Spesenbetrug begehe. Zur Beschaffung von Beweisen beauftragte der Arbeitgeber eine Kanzlei, die ihm nach erfolgreicher Ermittlung einen mittleren fünfstelligen Betrag in Rechnung stellte. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber wirksam gekündigt, er verlangte vom Ar­- beitnehmer Erstattung der Ermittlungskosten.

BEGRÜNDUNG: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass in konkreten Verdachtsfällen die Kosten der Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei mit der Beschaffung von Beweisen als Schadenersatz vom überführten Arbeitnehmer verlangt werden können. Die ansonsten im Arbeitsrecht geltende Regel, dass bis einschließlich der ersten Instanz im Urteilsverfahren jede Partei ihre Betreibungskosten unabhängig vom Ausgang des Verfahrens selbst trage, stehe einem solchen Anspruch nicht entgegen. Im vorliegenden Fall scheiterte die Forderung an der vom Gericht nicht bestätigten Erforderlichkeit der Maßnahme, auch mangels dargelegten konkreten Verdachts zur Zeit der Beauftragung. Dies gelte – aus der Sicht des „vernünftigen, wirtschaftlich denkenden“ Arbeitgebers – nicht nur hinsichtlich der Art der Aufwendung, sondern auch des Schadenersatzumfangs. Es sei keine klare Aufschlüsselung der Tätigkeiten in Bezug auf den Aufwand zu den konkreten Verdachtsmomenten und auch keine klare Abgrenzung zur nicht erstattbaren Rechts­beratung erkennbar gewesen.

TIPP: Arbeitgeber sollten vor Beauftragung von Detektiven oder Rechtsanwälten prüfen, ob bereits ein konkreter Verdacht gegen die Arbeitskraft vorliegt und die Beauftragung tatsächlich notwendig ist. Im Verfahren ist dies ebenso wie die zur Ermittlung durch­geführten Tätigkeiten im Detail zu belegen.

Schlagworte: Recht, Personal, Personalpraxis

Kommentare

Ihr Kommentar