EHI Payment Kongress 2021

Eine Wallet für alle Fälle

In der Coronakrise wächst Paypal so stark wie nie zuvor. Der boomende Onlinehandel treibt den Erfolg des Bezahldienstes. Die zunehmende Nachfrage nach kontaktlosem Bezahlen soll dem Vorstoß in den Stationärhandel den Boden bereiten.

Von Ralf Kalscheur 15.06.2021

© Aurelia Herrmann

Paypal legte im Pandemiejahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr erstmals um fast fünf Prozentpunkte zu und steht nun für rund ein Viertel des Umsatzes im deutschen E-Commerce.

Die Onlineshopper in Deutschland bezahlen zwar immer noch am liebsten per Banküberweisung, nachdem sie Ware und Rechnung erhalten haben. 30,4 Prozent der Onlinekäufe wurden im Jahr 2020 per Rechnung gezahlt. Doch das sind fast 2,5 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr, so die neue Studie Online-Payment 2021 des EHI Retail Institute. Die Marktanteile konnte der Zahlungsdienstleister Paypal für sich gewinnen, der im Pandemiejahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr erstmals um fast fünf Prozentpunkte zulegte und nun für rund ein Viertel des Umsatzes im deutschen E-Commerce steht.

„Und zwar branchenübergreifend“, wie Caroline Coelsch, Projektleiterin Online- und Mobile-Payment beim EHI, auf dem virtuellen Payment Kongress des Instituts berichtet. Fast 90 Prozent der befragten Online-Pureplayer und Omnichannel-Handelsunternehmen hätten angegeben, dass vor allem Neukunden Paypal beim Check-out nutzen, so Coelsch.

Die Bedeutungszunahme der Wallet im Zuge des geschätzt 25-prozentigen Online-Umsatzwachstums im Vorjahr ist umso bemerkenswerter, da Amazon Paypal nicht anbietet. Kunden von Amazon bezahlen häufig per Lastschrift, die an dritter Position der umsatzstärksten Zahlungsarten liegt. Der Umsatzanteil der Kreditkarten legte 2020 leicht um 1,3 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr zu.

Testballon stieg am Flughafen München

Die von manchen Kunden möglicherweise als umständlich wahrgenommenen neuen Regelungen zur starken Kundenauthentifizierung scheinen 2020 also noch keine Auswirkungen gezeigt zu haben. Die 2021 endgültig in Kraft getretenen Sicherheitsanforderungen der EU „3D Secure 2“ führen laut EHI aktuell aber zu einer höheren Zahl von Kaufabbrüchen.

Paypal plant, seinen Siegeszug künftig auch am PoS fortzusetzen. Seit Mai machen die US-Amerikaner ihre vor einem Jahr eingeführte QR-Code-Lösung für kleine Händler auch für mittelständische bis große Unternehmen nutzbar: Der QR-Code lässt sich nun in bestehende Kassensysteme integrieren. Kunden öffnen diesen in ihrer Paypal-App und zeigen ihn zum Scannen an der Kasse vor – dann erscheint der zu zahlende Betrag in der App. Alternativ kann die Kasse beispielsweise auf einem Kartenlesegerät den QR-Code anzeigen, den der Kunde per Smartphone in der Paypal-App scannt.

Im Flughafen München hat Paypal seine neue Bezahlmöglichkeit am Point of Sale per QR-Code vorab einen Monat lang getestet. Eurotrade, die Retailtochter des Flughafens München, betreibt 41 Shops mit dem gleichen Kassensystem. Die Bilanz fällt durchwachsen aus, berichtet Stefan Koenen, Marketing Director Eurotrade: „Paypal funktioniert kontaktlos und schnell dank schlanker Prozesse, deshalb haben wir die Wallet stark beworben.“ Doch nur ein Prozent der Kunden hätte damit gezahlt. „Es wird noch dauern, bis der Kunde im Stationären an Paypal denkt“, meint Koenen.

Bedürfnisse der Kunden entscheiden

Immerhin: Der Durchschnittsbon der Paypal-Nutzer sei deutlich höher als der von Kartenzahlern. Der Bezahldienstleister aus dem Silicon Valley, der vor sechs Jahren von Ebay abgespalten wurde, hat bereits angekündigt, seine Nutzerzahlen bis 2025 auf 750 Millionen verdoppeln und mit Mehrwert-Applikationen wie Finanzdiensten Kunden binden und Händler überzeugen zu wollen.

Omnichannel-Zahlungsarten werden immer mehr an Bedeutung gewinnen. Um den Anschluss nicht zu verlieren, muss die Deutsche Kreditwirtschaft die Girocard internetfähig machen. „Ich versuche, privat Paypal zu vermeiden, aber das ist gar nicht so einfach“, sagt Joachim Schmalzl vom Dachverband der Sparkassen DSGV. „Paypal ist bequem, und der Kunde hat recht. Also müssen wir umdenken. Paypal ist der Benchmark im E-Commerce, da wollen wir hinwachsen.“

Beim Thema M-Payment hält Schmalzl es für möglich, dass Smartphones bis 2025 mehr als 50 Prozent des unbaren Zahlungsverkehrs im Handel abdecken werden. Jörg Kablitz, Managing Director Paypal DACH, glaubt das nicht. „Der Kunde ist etwas träge. Das wird ein paar Jahre länger dauern, aber M-Payment wird weiter wachsen.“

Schlagworte: E-Commerce, Paypal, Payment, Bezahlverfahren, Online-Handel

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