Sowohl der Verband der Schuh- und Lederwarenindustrie als auch der Genossenschaftsverband unterstützen diesen Vorschlag. Die ANWR Group, eine der größten Handelskooperationen Europas, schließt sich damit der Forderung des Mittelstandsverbunds ZGV an, der diese Idee bereits vor Tagen ins Spiel gebracht hatte. „Wir sind in der Lage, die bereitgestellten Fördermittel des Staates schnell und unkompliziert dahin zu bringen, wo sie jetzt gebraucht werden“, so Frank Schuffelen, Vorstandssprecher der ANWR Group. „Dazu ist es notwendig, die Zentralregulierer mit einem sogenannten Globaldarlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auszustatten”. Dieser Weg ist innerhalb der beschlossenen Gesetze möglich.
Zentrales und verbindendes Element zwischen Handel, Lieferanten beziehungsweise Industrie und Verbundgruppe ist die Zentralregulierung. Die Zentralregulierung ist eine Dienstleistung, bei der für die Industriepartner und Handelsunternehmen der jeweiligen Verbände das Clearing von Rechnung und Zahlungen abgewickelt werden. Dabei übernimmt die zur ANWR Gruppe gehörende DZB Bank die Garantie für die Zahlungsfähigkeit der Handelsunternehmen und die termingerechte Zahlung gegenüber den Lieferanten und Industriepartnern.
Mit Hilfe eines Globaldarlehens könnte die ANWR Group über die DZB Bank den Händlern kurzfristig die bereitstehenden KfW-Mittel zur Verfügung stellen. Andere Verbundgruppen außerhalb der ANWR Group verfügen über vergleichbare Systeme mit entsprechenden Dienstleistungsvereinbarungen. Die technische Infrastruktur der Verbundgruppen kann sofort genutzt werden.
90-prozentige Haftungsübernahme gefordert
Hierzu sollte der Staat eine 90-prozentige Haftungsübernahme zugunsten der Verbundgruppe beziehungsweise gegenüber des bestehenden Bankensystems abgeben, welches die Liquidität bereitstellt. Mit einem solchen Schritt würde die ANWR Group in die Lage versetzt werden, den zum Teil familiengeführten, lokalen Händlern die Begleichung ihrer fälligen Warenrechnungen ohne einen aufwändigen Kreditprozess zu stunden und im Anschluss an die Krise individuell geeignete Rückzahlungsmodalitäten abzuschließen.
Dieses System funktioniert deshalb, weil die vielen tausend angeschlossenen Händler seit Jahren Kunden der DZB Bank sind. Die Anforderungen der Händler sind ebenso bekannt wie deren wirtschaftlichen Verhältnisse. Die bankrelevanten Unterlagen der Händler liegen vor. Die nötige Liquidität kann also schnell durch die Gewährung von Zahlungszielen auf Lieferantenrechnungen transportiert werden. Mithilfe dieser Lösung könnten über die ANWR Group und auch über die anderen Verbundgruppen viele Tausend Arbeitsplätze im Handel und bei den oft mittelständigen Lieferanten gerettet werden.
„Wir betreiben in vierter Generation ein gesundes und erfolgreiches Schuhgeschäft. Unsere Umsätze sind von einem Tag auf den anderen komplett weggebrochen. Das Geschäft ist voll mit aktueller Ware der Frühjahr-/Sommersaison, welche momentan nicht verkauft werden kann. Die Fixkosten laufen weiter und auch die geschobenen Dekaden müssen irgendwann bezahlt werden. Wir können diese aktuelle Krise nur bewältigen, wenn uns sehr schnell die Möglichkeit gegeben wird, zusätzliche Liquidität zu bekommen. Das ist eine Frage von Tagen, nicht von Wochen“, schildert Johannes Nölscher vom Schuhhaus Kaufmann in Heilbronn die Situation. „Die ANWR Group hat einzelnen Händlern in solchen Situationen immer mit entsprechenden Zahlungsstundungen über eine Krise geholfen. Angesichts der Tatsache, dass jetzt alle Handelsbetriebe betroffen sind, muss der ANWR Group die Möglichkeit gegeben werden mit KfW-Mitteln die Händler direkt zu unterstützen.“
Hilfe wird dringend gebraucht
„Die ANWR Group ist mit der angeschlossenen DZB Bank seit Jahren ein hoch verlässlicher Partner der Schuhindustrie“, betont Carl-August Seibel, Vorsitzender des Verbandes der Schuh- und Lederwarenindustrie (HDS/L). „Das dahinterstehende System ist prädestiniert, um die Mittel des Bundes schnell und gleichzeitig sicher in den Wirtschaftskreislauf der Modebranche zu bringen. Diese Liquidität wird über die ANWR Group auch rechtzeitig in der mittelständigen Schuhindustrie ankommen, wo sie ebenso dringend gebraucht wird, um die Ware für die kommenden Jahreszeiten zu bezahlen.“
„Um den aktuellen großen Herausforderungen bei der Herausgabe von Liquiditätshilfen und Förderkrediten in Zusammenhang mit der Corona-Krise begegnen zu können, sollten neben den bewährten Wegen über die genossenschaftliche FinanzGruppe auch neue Strukturen erschlossen werden. Die Zentralregulierung über die Verbundgruppen wie die AWNR Group kann eine solche Möglichkeit sein. Gerade für den Erhalt des mittelständischen Handels muss alles getan werden, um kurzfristig Hilfestellungen zu geben. Da drängen sich derartige neue Ansätze geradezu auf", so Ingmar Rega, Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverband - Verband der Regionen.
Frank Schuffelen ist sich sicher: „Die Bereitstellung der Liquidität muss nun unmittelbar erfolgen und sofort in die bestehenden Zahlungskreisläufe eingespeist werden. Nur so stellen wir sicher, dass die letzte Meile – also der mittelständische Einzelhandel – im Finanz- und Wirtschaftskreislauf eingebunden bleibt. Die Bereitstellung der Fördermittel ausschließlich über das staatliche Förderbankensystem wird aus unserer Sicht viel zu lange dauern. Hier entstehen selbst bei größter Anstrengungen Flaschenhälse, die die Existenz einer Vielzahl von Handelsbetrieben aufs Spiel setzt.“
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