Frau Schwimmer, Sie forschen aus wirtschaftsethischer Perspektive zur Modeindustrie. Gerade in dieser Branche kommen Unternehmen kaum noch umhin, sich nachhaltig und sozialverantwortlich zu positionieren. Wo steht die Branche?
Es reicht ein Blick auf die Schlagworte: Bio, Organic, Sustainable, Recycling – es gibt inzwischen sehr viel Kommunikation über Nachhaltigkeit. Gleichzeitig zeigte sich bei der Vorbereitung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, dass nur knapp ein Fünftel der Unternehmen den Vorgaben entsprechen. Es gibt also eine beträchtliche Kluft zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen und dem tatsächlichen Handeln der Unternehmen.
... die sich damit den Vorwurf des „Greenwashing“ einhandeln.
Zum Teil natürlich berechtigt. Das verkennt aber, dass diese Diskrepanz zwischen Ist und Soll ein Motor sein kann. Denn die ethisch motivierte Selbstbeschreibung, die in einer Mission und den selbst formulierten Werten steckt, bietet zugleich Orientierung.
Diesen Umstand definieren wir als „aspirational“: der Ansporn, das eigene Tun an den selbst gesetzten Werten zu messen. Es gibt inzwischen auch empirische Forschung, die der Frage nachgeht, wie diese relativ offenen Ziele in puncto Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung über den „Aspirational Talk“ zu konkreten Entscheidungen oder Veränderungen innerhalb von Organisationen oder Unternehmen führen.
Kommen die Impulse für den Aspirational Talk eher von außen, also vonseiten der Verbraucher oder der Gesellschaft, oder von innen?
Die Unternehmen stehen zunächst unter einem gewissen Legitimationsdruck von außen, der sich aus den gesellschaftlichen Erwartungen an die Wirtschaft ergibt. Doch auch von innen wird zunehmend der Anspruch artikuliert, dass das eigene Unternehmen sich diesen Themen stellt. Nicht zuletzt mit Blick auf das Employer Branding kann es sich kaum eine Organisation leisten, diese Erwartung zu enttäuschen.
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