Interview

„Ich will mit jedem Produkt die Welt verändern“

Mit seiner Marke Koawach vertreibt Daniel Duarte unter anderem koffeinhaltigen Kakao. Das Berliner Start-up legt bei seiner gesamten Lieferkette Fairtrade- und Biostandards an – und will so auch das Umsteuern im Handel beschleunigen.

Von Thomas Mersch 09.11.2022

© Patrick Kahlo

Gründer Daniel Duarte kam 2007 aus Kolumbien nach Deutschland und setzt mit seinem Kakaotrunk konsequent auf den wachsenden Trend zum nachhaltigen Konsum.

Herr Duarte, warum Kakao mit Koffein? Es gibt doch Kaffee.
Ich liebe Schokolade und mag Kakao – den mit herbem Geschmack, nicht den süßen. Über die Frage, ob sich darüber auch ein kaffeeähnlicher Kick erzeugen ließe, sind wir auf Guarana gestoßen, eine koffeinhaltige Pflanze. Der Vorteil ist, dass deren Koffein gleichmäßiger über einen längeren Zeitraum abgegeben wird. Man braucht nicht nach zwei Stunden die nächste Tasse.

Mit ihrem Co-Gründer Heiko Butz haben Sie vor acht Jahren dann Koawach-Kakao auf den Markt gebracht – mit dem Anspruch auf besondere Nachhaltigkeit. Was läuft falsch im Kakaogeschäft?
Es gab und gibt sehr viele Probleme – allen voran in Ghana und der Elfenbeinküste, die zusammen mit 60 Prozent Marktanteil die größten Kakaoproduzenten weltweit sind. Als wir mit Koawach gestartet sind, stellten wir fest, dass es dort sehr wenig staatliche Kontrolle gab. Eine Folge war Kinderarbeit, teils als Sklaverei. Zudem befanden sich viele der Kleinbauern in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Sie waren häufig schlecht darüber informiert, welche Preise sie erzielen konnten. Ein generelles Problem ist auch, dass ein Kakaobaum mehrere Jahre benötigt, bis er eine Ernte liefert. Vielerorts wurde und wird stark mit Pestiziden gearbeitet, um die Pflanzen zu schützen, die jedoch Menschen schaden.

Was machen Sie anders?
Das Ziel war von Beginn an, den fairen Handel und den biologischen Anbau zu stärken. Es gibt bei uns Mindestpreise, damit ein Bauer genug verdienen kann. Wir unterstützen, dass die Bauern sich Kooperativen oder Genossenschaften anschließen – nicht nur, um ihre Verhandlungsmacht zu stärken. Sie können sich dort auch weiterbilden und zum Beispiel darüber informieren, was sie neben Kakao noch anpflanzen können, um sich breiter aufzustellen, oder wie sie Pestizide vermeiden. Wir als Einkäufer von Kakao können viel dazu beitragen, die Lage zu verbessern. Aber auch der Konsument in Deutschland, wenn er seine Kaufentscheidung trifft.

Wie sind Sie vorgegangen?
Der erste Schritt für uns war es, zertifizierte Prozesse sicherzustellen. Ich glaube, dass es gut ist, wenn externe Partner kontrollieren. Wir kaufen zu 100 Prozent Fairtrade-zertifizierte Waren, die zudem biozertifiziert sind. Wenn wir nun hier in Deutschland Plätze in den Regalen der Supermärkte und Drogerien gewinnen, dann ist das auch ein Signal an die großen Hersteller von Kakaoprodukten. Wir zeigen, dass Nachhaltigkeit funktioniert, weil sie auch von den Konsumenten geschätzt wird.

Ist es für ein Start-up einfacher als für einen globalen Lebensmittelkonzern, eine nachhaltige Lieferkette aufzubauen?
Ich denke nicht. Das ist Arbeit, aber es ist vor allem eine Entscheidung. Und die hängt davon ab, ob man es machen will. Ritter Sport hat viel bewegt in Sachen Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen, weil der Entschluss dazu gefasst wurde. Sobald der Mensch sich zu etwas entscheidet, kann er eine Menge bewegen.

Wie sieht es mit dem Vertrieb aus? Die Auslieferungen bei Ihrem Shop übernimmt DHL, Koawach findet sich in den Regalen von Rewe und Edeka. Entsprechen die Unternehmen Ihren Nachhaltigkeitsstandards?
Ich denke, dass sie alle sehr viel machen. In den Supermärkten beispielsweise wächst die Zahl der eigenen Biomarken. Es gibt viele Fairtradeprodukte im Sortiment. Allerdings ist es auch wichtig, zu sehen, dass der Einzelhandel sich in einem harten Wettbewerb befindet, der sich aktuell noch verschärft. Die Preise steigen sehr stark, Energie ist teurer geworden. Viele Konsumenten müssen sparen – und darauf muss der Handel Rücksicht nehmen.

Wie wirken sich Energiekrise und Inflation auf Koawach aus? Müssen Sie Ihre Standards zurückschrauben?
Wir spüren noch keine Zurückhaltung. Unsere Produkte werden stärker konsumiert als im Vorjahr. Deshalb peilen wir in diesem Jahr einen Umsatz von zehn Millionen Euro an, nach 6,4 Millionen Euro 2021. Aber wir sind nur ein kleiner Player. Unabhängig von der derzeitigen Krise erleben wir hierzulande schon seit Langem, dass Konsumenten im Zweifel zuerst bei den Lebensmitteln sparen. Wir wollen als Marke den Handel dabei unterstützen, dies zu ändern, und mit nachhaltigeren Angeboten und Aufklärung mittelfristig einen Wandel im Konsum befördern oder bewirken.

Wie messen Sie Erfolg mit Blick auf den Impact, aber auch mit Blick auf die Zahlen?
Ein Faktor ist für uns CO2-Neutralität, die wir über Ausgleichszahlungen schon erreicht haben. Wir versuchen weiterhin, ­entlang der Lieferkette unsere Emissionen zu reduzieren und auch unsere Partner zu motivieren, ihre Klimabilanz zu verbessern. Etwa mit dem Aufbau von Solarpanels. Eine wichtige Nachhaltigkeitskennzahl ist aber auch unser Umsatz. Je mehr Anteil wir als Fairtrade- und biozertifiziertes sowie klimaneutrales Unternehmen am Markt haben, desto mehr Nachhaltigkeit schaffen wir. Ebenso wichtig ist das Ergebnis. Wenn wir profitabel und stabil sind, können wir auch in Zukunft nachhaltiger investieren. 

Daniel Duarte

Der gebürtige Kolumbianer Daniel Duarte (34) kam 2007 nach Deutschland. Nach dem Studienkolleg und dem Abitur in Münster studierte er VWL in Köln. Mit seinem Mitbewohner Heiko Butz gründete er vor acht Jahren in Berlin Koakult. Heute ist Duarte alleiniger Chef des Unternehmens, das über seine Marke Koawach koffeinhaltige Kakaoprodukte vor allem in Deutschland und Österreich vertreibt.

#SHAPINGTHEFUTURE

Handel macht Zukunft: innovativ, nachhaltig, wertschätzend! – unter diesem Motto steht der Handelskongress Deutschland am 16. und 17. November 2022 in Berlin. Inspirierende Referenten und Referentinnen aus Handel, Politik und Wissenschaft auf der Bühne, praxisnahe Workshops und spannende Podiumsdiskussionen – unter anderem mit Daniel Duarte – widmen sich Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung, Innenstadtleben und zukünftigem Konsumentenverhalten.

Alle Informationen zum Kongress hier.

Schlagworte: Nachhaltigkeit, Lieferkette, Start-up

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