Wäre es nicht schön, wenn es überall so ginge? Auf der Website von Empathy steht unter „Cookie Policy“: „Wir nutzen keine Cookies, also entspannen Sie sich und legen Sie einfach los.“ Doch in fast allen Webshops müssen Onlinekundinnen und -kunden erst ein Formular ausfüllen und entscheiden, welche Daten sie für welche Zwecke freigeben wollen.
Empathy wirbt für einen Paradigmenwechsel. Das 2012 im spanischen Gijón gegründete Softwareunternehmen mit heute rund 200 Mitarbeitern hat eine Suchplattform entwickelt, die Händler in ihren Onlineauftritt integrieren können und die den Wunsch vieler Konsumenten nach Privatsphäre respektiert: Wer keine Daten preisgeben möchte, soll nicht dazu gezwungen werden, auch nicht durch die Hintertür. „Für Marken ist das eine Chance, eine Beziehung zu Kunden aufzubauen, die durch Vertrauen geprägt ist“, sagt Lara Menéndez, Product Director bei Empathy.
Die Technologie des Startups verzichtet auf jene Tracking- und Datenspeichermethoden, die Verbraucher oft nur notgedrungen akzeptieren. „Viele verstehen gar nicht, was ihre Zustimmung bedeutet und wie die Bedingungen aussehen“, weiß Menéndez. Bei Empathy sei das transparent: Diejenigen, die eine Personalisierung ihres Suchprofils ausdrücklich wünschen, behalten die Hoheit über ihre Daten. Sie werden nicht beim Anbieter gespeichert, sondern bei den Kunden, die sie jederzeit löschen können. Geben Händler so nicht ein wichtiges Analysetool aus der Hand? „Kundenloyalität ist wichtiger als Datenbesitz“, findet Menéndez. Überdies lasse sich mit dem Datenschutzargument werben.
Um Kunden, die keine Profile anlegen möchten, gleichwohl relevante Suchergebnisse zu liefern, setzt Empathy auf Kontextualisierung: Algorithmen werten die Eingaben während der aktuellen Session aus, mit jedem Schritt lernt die KI dazu. Durch den Verzicht auf historische Datenauswertung werden Empfehlungen vermieden, die auf längst überholten Präferenzen beruhen und viele Onlinekäufer nerven. Allerdings fehlen zu Beginn der Session sogar grundlegende Informationen über solche Kunden. Menéndez sieht darin kein größeres Problem. „Wenn jemand einen stationären Laden betritt, ist er für den Händler ja zunächst auch ein unbeschriebenes Blatt.“ Es sei denn, es handelt sich um Stammkunden.
Auf einen Stammkundeneffekt spekuliert freilich auch Empathy: Viele Onlineshopper würden ihre Präferenzen teilen, so die Hoffnung, wenn sie wissen, dass sie dies rückgängig machen können, ohne beim Händler einen Datenpool zu hinterlassen. Vertrauen gegen Vertrauen. Schließlich bietet ein personalisiertes Suchprofil durchaus Vorteile für Kunden, etwa wenn ihnen keine Produkte mit Inhaltsstoffen angezeigt werden, gegen die sie allergisch sind.
Befördert wird der Paradigmenwechsel durch immer strengere Datenschutzgesetze in Europa – Stichwort cookielose Zukunft. „Darauf sind wir mit unserer Lösung vorbereitet“, sagt Menéndez. Wie viel Akzeptanz sie am Markt findet, wird auch davon abhängen, wie viele Konsumenten sich in der Praxis tatsächlich fürs freiwillige Datenteilen entscheiden. Denn so ganz ohne Informationen über seine Kunden möchte wohl kein Händler dastehen.
Wie der Einzelhandel von Zero-Party-Daten profitiert
Von Maximilian Modl
Kundendaten sind der Stoff, aus dem überzeugende Kundenerlebnisse gestrickt sind. Immer wichtiger werden dabei Zero-Party-Daten, also jene, die Kundinnen und Kunden aktiv und freiwillig mit einer Marke teilen. Der Markt ist riesig: Die Marke von einer Billion US-Dollar wird der E-Commerce-Umsatz in den USA voraussichtlich bis Ende des Jahres 2022 zum ersten Mal reißen. Weltweit erwarten die Statistiker ein Wachstum auf rund 6,5 Billionen US-Dollar. Um davon zu profitieren, müssen Händler ihre Kunden gezielt über strategische Marketingkampagnen ansprechen und darüber gewonnene Zero-Party-Daten gewinnbringend einsetzen.
Entscheidend ist zunächst einmal, dass Kundinnen und Kunden ihre Daten teilen, denn das tun sie immer seltener. Seit dem Update des Apple-Betriebssystems iOS auf die Version 14.5 etwa lehnen 96 Prozent der US-Nutzer App-Tracking ab. Ohne Cookies wiederum gestaltet sich die Marketingkommunikation zwischen E-Commerce-Unternehmen und Kunden schwierig. Dem gegenüber steht, dass Verbraucher heute durchaus erwarten, dass Brands auf ihre Bedürfnisse eingehen.
Zero-Party-Daten richtig erfassen – aber wie?
Folglich sind Zero-Party-Daten wichtiger denn je. Mit diesen lässt sich etwa das Nutzererlebnis noch stärker personalisieren. Dafür braucht es eine gewisse Vertrauensgrundlage: Brands müssen klar kommunizieren, warum und wie sie Zero-Party-Daten sammeln, nutzen und ihren Schutz gewährleisten. Solange Marken die Verwendung von Kundendaten transparent halten, sind Verbraucherinnen und Verbraucher bereit, ihre Präferenzen und Daten zu teilen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Zero-Party-Daten zu erfassen:
Bedürfnisse über Präferenzzentren abfragen
In einem Präferenzzentrum können Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Daten sowie ihre Interessen jederzeit bearbeiten und mit der Brand teilen. Mit diesen Informationen bauen Marken ein individuelles Online-Erlebnis auf, was zu mehr Engagement und schließlich zu besseren Umsätzen führt.
Fragebogen bei der E-Mail-Registrierung
Während der Anmeldung für den Markennewsletter bietet sich ein kurzer Fragebogen an, um Kundinnen und Kunden gezielter kennenzulernen. In diesem können sie angeben, was sie von einer Brand erwarten und wonach sie suchen. Dadurch lassen sich zum Beispiel unzutreffende Kaufempfehlungen vermeiden.
Soziale Medien – ideal für Umfragen
Über soziale Medien lassen sich Verbraucherinnen und Verbraucher in die Marketingplanung direkt mit einbinden. Feedback-Boxen oder Abstimmungen, zum Beispiel über Instagram-Storys, gewähren Einblicke in die Köpfe der Kundschaft.
Inhalte personalisieren, Umsätze stärken
Auf dieser Datengrundlage können Brands noch relevantere und personalisierte Inhalte ausspielen. Zero-Party-Daten ermöglichen zudem viele weitere Marketing-Maßnahmen. Mit segmentierten Versandlisten können etwa E-Mail-Inhalte nur an die passende Zielgruppe verschickt werden. Oder Händler versenden Promo-Codes mit personalisierten Produktvorschlägen via E-Mail oder SMS. Wichtig ist Aktualität. Kundinnen und Kunden sollten ihre Präferenzen regelmäßig aktualisieren, damit Brands ihnen zu jeder Zeit die passenden Inhalte zukommen lassen können.
Maximilian Modl leitet die deutsche Geschäftseinheit von Sendinblue. Als ehemaliger CMO von Newsletter2Go nutzt er seine Expertise in digitaler Kommunikation und Marketing, um Sendinblue als Marktführer für All-in-One-Lösungen für Sales und Marketing in Europa weiter auszubauen.
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