Pro
Bargeld wird von interessierter Seite als altmodisch, unpraktisch, unhygienisch, unsicher, kriminalitätsfördernd und teuer dargestellt. Doch diese Attribute sind überwiegend nur interessengeleitete Verdrehungen der Vorteile des Bargelds.
Bargeld ist altbewährt. Seit Tausenden von Jahren schätzen die Menschen die robuste, autonomiefördernde Bezahltechnologie, die es jedem ohne technische Voraussetzungen oder Hilfe von Dritten ermöglicht, Werte zu speichern und damit einzukaufen. Kein Stromausfall oder Netzausfall, kein defekter Chip kann das verhindern. Niemand kann verfügen, dass das Geld in unserem Besitz gesperrt ist, wie es kürzlich protestierenden Truckern in Kanada mit ihren Bankkonten ergangen ist.
Bargeld ist definitiv oft unpraktischer als digitales Bezahlen. Aber das macht nichts. Denn um seine Vorteile zu entfalten, reicht es, wenn es für die meisten Zwecke nutzbar ist. Bargeld schützt die Privatsphäre. Ohne Bargeld ist unser Bankkonto ein komplettes, auf Jahrzehnte gespeichertes Logbuch unseres Lebens. In dieses nehmen Behörden schon heute jedes Jahr millionenfach Einblick, ebenso Finanzdienstleister.
Die Kehrseite der Privatsphäre ist, dass man sie für illegales Tun nutzen kann. Trotzdem gilt sie als unbedingt schützenswertes Grundrecht. Dass Bargeld unpraktisch ist, vor allem auch für Großbeträge, relativiert jedoch die Behauptung, es sei kriminalitätsfördernd. Die Kriminalität, Geldwäsche und Steuerhinterziehung, die durch Nutzung von Bargeld ermöglicht wird, ist Kleinkram gegenüber dem, was mit Unterstützung darauf spezialisierter Dienstleister bargeldlos verschoben und gewaschen wird.
Ähnliches gilt für die angebliche Unsicherheit von Bargeld. Die Cyberkriminalität ist in Schweden im Zuge der Bargeldbeseitigung massiv angestiegen. Es wird sicherlich mehr Geld digital gestohlen als Bargeld. Dass Bargeld in nennenswertem Umfang ein Infektionsrisiko darstellt, wurde im Zusammenhang mit Corona widerlegt.
Bargeld als billigste Bezahloption
Die Behauptung, dass Bargeld eine teure Bezahltechnologie sei, weist auf die Interessenträger hinter der Kampagne gegen das Bargeld hin. Belegt wird das gern mit Berechnungen der „volkswirtschaftlichen Kosten“ von Bargeld. Die Preise und Gewinne der Finanzdienstleister werden aber nicht zu den volkswirtschaftlichen Kosten gerechnet, sondern unter Material- und Personalaufwand subsumiert.
An bar abgewickelten Transaktionen verdient die Finanzbranche nichts. Den Banken ist Bargeld besonders lästig. Giro-Guthaben ihrer Kunden sind rechtlich Forderungen auf jederzeitige Auszahlung von Bargeld, von echten Euros. Der Umgang mit Bargeld kostet sie Geld, die jederzeitige Auszahlungspflicht ist lästig und manchmal – im Fall von Bankruns – sogar existenzgefährdend. Für die Kunden dagegen ist Bargeld in aller Regel die billigste Bezahlmöglichkeit, für kleinere Händler auch. Und die größeren würden sich bald ziemlich umschauen, wie viel auch sie für digitale Bezahldienste zahlen müssten, wenn das Bargeld als Alternative verschwunden wäre.
Contra
Die Bargeldnation Deutschland erlebt seit der Coronapandemie eine Trendwende. Bezahlen per Karte, Smartphone oder -watch ist so beliebt wie nie. Brauchen wir Bargeld also wirklich noch? Zumindest die Wurstsemmel beim Metzger, die Zeitung am Kiosk oder kleine Beträge auf dem Wochenmarkt zahlen viele noch mit Münzen und Scheinen.
In Deutschland werden laut EHI Retail Institute noch rund 40 Prozent der Einkäufe mit Bargeld getätigt. Doch die Coronapandemie hat den Trend Cash to Card beschleunigt. Wurden früher nur größere Beträge, etwa für den Wocheneinkauf, teure Kleidung oder klassischerweise den Mietwagen, mit Kreditkarte bezahlt, zücken heute immer mehr Menschen die Karte im Alltag. Die Kartenzahlung wird das Bargeld langfristig ablösen. Da besteht kein Zweifel.
Karte als zentrales Zahlungsmittel
Den eindrucksvollsten Beweis liefern die Bäckereien, die immer mehr Kartenzahlung akzeptieren. Aber auch Boutiquen oder kleine Restaurants erkennen das Potenzial. Die Karte als zentrales Zahlungsmittel ist im Alltag angekommen und die Bargeldnation Deutschland ist im Begriff, sich nachhaltig zu wandeln. Das hat aus Sicht der Kundinnen und Kunden zwei Gründe: Sie möchten schnell und bequem bezahlen – und die Transaktion soll sicher sein. Eine Kartenzahlung ermöglicht beides.
Auch für Händler ist das unbare Bezahlen sicherer, bequemer und einfacher. Darüber hinaus sind die Kassendurchlaufzeiten kürzer und die Gebühren für die Bargeldlogistik sinken. Hinzu kommt der Aspekt der Kundenbindung: Viele Karten sind mit einem Loyalitätsprogramm ausgestattet. Die Kundinnen und Kunden wollen ihre Karte möglichst überall einsetzen, um Punkte zu sammeln oder eine Rückvergütung zu erhalten. Wird die Karte akzeptiert, erzeugt das ein angenehmes Einkaufserlebnis und die Kundinnen und Kunden kommen gerne wieder.
Maßgeschneiderte Marketingaktionen für Händler, die von Kartenanbietern gesteuert werden, können außerdem mehr Kundschaft und Umsatz ins Geschäft bringen. Durch die Kartenakzeptanz ist es Händlern also möglich, mit wenig Aufwand ihre Kundinnen und Kunden zu halten und keinen Umsatz zu verlieren – und Neukundinnen und -kunden dazuzugewinnen.
Ein Plus der Karte ist zudem ihre Flexibilität, da sie stationär, online und mobil einsetzbar ist. Sie ermöglicht den Einkauf auch dann, wenn einmal das Bargeld fehlt. Voraussetzung ist ihr uneingeschränkter Einsatz. Kartenzahlung erst ab einem Mindestbetrag? Ein No-Go im Zeitalter digitaler Transaktionen.
Viele Kundinnen und Kunden haben sich daran gewöhnt, mit Karte zu bezahlen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich auch in Deutschland, wie in Skandinavien längst üblich, jeder den Kaffee to go oder das Brötchen wie selbstverständlich mit der Karte kauft. Die Nachfrage ist jetzt schon da. Nun gilt es, die Bezahlmöglichkeiten der Nachfrage anzupassen. Händler kommen in Zukunft an der kontaktlosen Zahlung ohne Mindestbetrag nicht vorbei. Braucht die Welt also weiterhin Bargeld? In einigen Bereichen schon. Für ein schnelles, bequemes Einkaufserlebnis jedenfalls nicht.
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