Datenschutz

Analysieren, ohne zu erkennen

Im stationären Einzelhandel ist die Kundenanalyse schwieriger als im Onlinehandel, aber mithilfe von Computer-Vision-Technologien möglich. Doch der Datenschutz stellt den Einsatz maschinellen Sehens unter weitreichende Auflagen.

Von Marian Gläser 24.05.2023

© DNAT Faces / Brighter AI

Inkognito: Die KI überzieht das Originalbild (links) mit einem synthetischen Gesicht (rechts), das dieselben Merkmale aufweist.

Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung gewinnt die videogestützte Analyse auch im Retail rasch an Bedeutung, da die Einzelhändler die damit verbundenen Vorteile zu erkennen beginnen. Laut der aktuellen Retail Technology Study der US amerikanischen Branchenplattform Retail Info Systems (RIS) setzen zwar bislang nur rund drei Prozent der Einzelhändler auf diese Lösung – jedoch planen 40 Prozent in den kommenden Jahren eine Implementierung.

Gleichzeitig sorgen sich die Kunden um ihre Privatsphäre, und die Behörden gehen gegen jeden Datenschutzverstoß hart vor. Doch durch den Einsatz von Anonymisierungslösungen können Einzelhändler wichtige Daten legal sammeln und diese Daten gleichzeitig vor Missbrauch schützen. Der Aufwand rechnet sich in der Regel, denn die Einsatzmöglichkeiten von Computer Vision im Einzelhandel sind vielfältig:

  • Videoüberwachung: Unter Einsatz von maschinellem Lernen in Kombination mit Computer Vision können Einzelhändler verdächtige Verhaltensmuster automatisch erkennen und Ladendiebe frühzeitig identifizieren.
     
  • Self-Checkout: Bislang scannen Kunden beim Self-Checkout ihre Waren selbst. Die nächste Stufe sind kassenlose Systeme, in denen Einkauf und Kunde erkannt und der Bezahlvorgang automatisch eingeleitet wird. Inventarverwaltung Mithilfe von Kameras über den Regalen kann den Warenbestand automatisch erfasst und entsprechend schnell aufgefüllt – oder nachbestellt – werden.
     
  • Optimierung des Ladenaufbaus: Wer die Laufwege und das Kaufverhalten der Kunden kennt, kann den Laden optimieren, Produkte an der richtigen Stelle präsentieren und Personal zur Beratung entsprechend positionieren.
     
  • Virtuelle Spiegel und Produktempfehlungen: In Kombination mit Computer Vision wird ein normaler Spiegel zum virtuellen Spiegel, der auf einem integrierten Bildschirm passende Produkte empfiehlt, beispielsweise das perfekte Shirt zu den gerade anprobierten Hosen.
     

Aufgrund strenger internationaler Datenschutzgesetze sind Einzelhändler gesetzlich verpflichtet, die persönlichen Daten ihrer Kunden zu schützen. Dies stellt sie vor ein Dilemma: Wie können sie die Vorteile der von datengesteuerten KI-Algorithmen angetriebenen Computer-Vision-Technologie zur Kundenanalyse nutzen und gleichzeitig die Daten ihrer Kunden schützen? Das Problem: Übliche Anonymisierungstechnologien wie Verpixelung oder Blurring schützen zwar die Identität der Kunden, machen wichtige Informationen aber für die KI nicht mehr verwertbar.

Synthetische Gesichter als Maske

Die sogenannte Deep Natural Anonymization (DNAT) löst diesen Zielkonflikt. DNAT nutzt generative KI, um synthetische Gesichter mit denselben relevanten Merkmalen wie das Original zu erstellen. Diese liegen dann wie eine Maske auf dem eigentlichen Gesicht. Auf diese Weise werden die Personen anonymisiert und die Qualität und Integrität der Originaldaten bleiben erhalten. Eine KI kann dann Informationen wie Geschlecht, Blickrichtung und Mimik auswerten, ohne dass Persönlichkeitsrechte der Person beeinträchtigt werden.

Einzelhändler können so das Beste aus den Computer-Vision-Technologien herausholen, um ihre Geschäfte effizienter zu betreiben, den Umsatz zu steigern und bessere Beziehungen zu ihren Kunden aufzubauen. Wer dabei nicht auf eine fortschrittliche Anonymisierung setzt, dem drohen Imageschaden und hohe Geldstrafen.

Schlagworte: Digitalisierung, Onlinehandel, Einzelhandel, Vernetzung

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